All Seasons

Season 1

  • S01E01 Ruinenkinder

    • January 20, 2006
    • Westdeutscher Rundfunk (WDR)

    Die meisten Kinder, die die Trümmerjahre erlebt haben, hatten kaum eine lebendige Erinnerung an "normales" Leben - und gegenüber den Kriegsjahren, vor allem den letzten, mit Bombenangriffen und Nächten im Luftschutzkeller, war die Zeit ab Sommer 1945 ein großer Fortschritt. Trotzdem war an eine "normale" Kindheit nicht zu denken. Kinder mussten Verantwortung tragen, den Alltag mit organisieren, Kohldampf schieben, improvisieren, die Nöte der Erwachsenen miterleben - und selbst über die eigenen Verletzungen tapfer schweigen. Vor allem in den großen Städten, in Dortmund, Essen, Bochum, Gelsenkirchen, Köln, Münster und anderen, war das Leben der Kinder abenteuerlich und hart. Hier wurde aber auch von außen zuerst geholfen. Schweden und Schweizer waren es, die sich vor allem um die unterernährten Kleinkinder und Schulkinder kümmerten. Im April 1946, Palmsonntag, nahm etwa die Schweizer Spende in Gelsenkirchen ihre Arbeit auf. Am frühen Morgen rollte ein Güterzug mit Hilfsgütern und vorgefertigten Baracken für ein "Schweizer Dorf" - die künftige Schaltzentrale und Mittelpunkt der Schweizerspende - in den Gelsenkirchener Bahnhof. Mit Zustimmung der britischen Besatzungsbehören wurde bereits im Juni die Kinderstation - Wohnbaracke, Küche, Kindergarten und Nähstube - mit einem Fest eingeweiht. Ein Lichtblick, an den sich die Menschen, die als Kinder hier warmes Essen bekamen und Zuwendung erfuhren, noch heute gern erinnern.

  • S01E02 Zeit der Frauen

    • February 3, 2006
    • Westdeutscher Rundfunk (WDR)

    Unmittelbar nach dem Krieg war die Zivilgesellschaft an Rhein, Ruhr und Weser - wie überall in Deutschland - überwiegend weiblich. Solange die Männer weg waren, hatten Frauen die Aufgabe, das Leben auf allen Ebenen in Gang zu halten, in allen Aufgaben und allen Berufen "ihren Mann" zu stehen, ob als Straßenbahnfahrerin oder Bäuerin, Journalistin oder Mechanikerin. Engagierte Politikerinnen und Juristinnen wollten die Ordnung des neu entstehenden Bundeslandes NRW mit gestalten, in der Öffentlichkeit Rollen übernehmen, die man bis dahin Frauen nicht zugetraut hatte. Oberhausen etwa bekam 1946 eine Oberbürgermeisterin - eine sehr erfolgreiche zudem, die das Amt bis 1977 weiterführte. Auch in den Familien waren die Frauen mehr denn je gefordert: Sie kümmerten sich um die "Familientrümmer", um kriegstraumatisierte Kinder und Alte, und um den "Wiederaufbau" ihrer Männer, die mit körperlichen und seelischen Verletzungen aus Krieg und Gefangenschaft heimkehrten. Rund zwei Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung in den Trümmerjahren waren Frauen, und als sie merkten, dass sie mit wieder einkehrender Normalität wieder auf die traditionelle Rolle verwiesen werden sollten, regte sich breiter Protest, mit dem die "Trümmerfrauen" schließlich die Garantie der Gleichberechtigung im Grundgesetz erreichten.

  • S01E03 Aufbruch zur Demokratie

    • February 10, 2006
    • Westdeutscher Rundfunk (WDR)

    Ruhrgebiet und ein verlassenes Hinterland verwalten, sondern auch die gesamte politische Verwaltung neu aufbauen. Ein Machtvakuum, das nach der Kapitulation gar nicht so schnell zu füllen war. Nach einer Umfrage der Amerikaner im Mai 1945 hing die Hälfte der Deutschen an der Vorstellung, der Nationalsozialismus an sich sei eine gute Sache, nur die Ausführung sei schlecht gewesen. Diesen Deutschen wird zunächst jede politische Betätigung, die nicht ausdrücklich durch die Alliierten genehmigt ist, verboten. Die rheinischen und westfälischen Provinzen wurden nach dem Willen der Alliierten in die neue demokratische Rechtsform des Landes Nordrhein-Westfalen überführt, ein Schritt, bei dem die unterschiedlichsten regionalen und landsmannschaftlichen Bedenken und Zögerlichkeiten ausgeräumt werden mussten. Als heikel erwies sich auch die praktische Umsetzung der alliierten Entnazifizierungs- und Reeducation-Programme. Der Weg zur Demokratie war für Parteien, Gewerkschaften, Verbände und Medien nicht immer nur einfach und geradlinig - aber er war nachhaltig erfolgreich.

  • S01E04 Die Stunde der Malocher

    • February 17, 2006
    • Westdeutscher Rundfunk (WDR)

    Das Ruhrgebiet als ehemalige "Waffenschmiede des Reiches" war bei Kriegsende fast völlig zerstört - vor allem die Produktionsanlagen der Schwerindustrie waren immer wieder Ziele für Bombenangriffe gewesen. Zudem verlangten die Alliierten Wiedergutmachung für die unermesslichen Kriegskosten, die sie getragen hatten. Deshalb sollte zwar weiter Kohle gefördert werden, aber nur zu Reparationszwecken. Große Teile der Stahlwerke an Rhein und Ruhr sollten demontiert werden. Es waren sehr unterschiedliche Erfahrungen und Interessen, die zu einer allmählichen Änderung in der Haltung der Alliierten führte: das Elend der einheimischen Bevölkerung vor allem im Hunger- und Kältewinter 1947, die Abkehr von der Kriegsallianz und der Wunsch, in Westdeutschland ein politisches und wirtschaftliches Bollwerk gegen den Kommunismus aufzubauen. Während die Engländer noch auf eine Erfüllung der Reparationsforderungen drängten, sorgten die Amerikaner mit dem Marshall-Plan für die entscheidende Kehrtwende. 1949 wurden die Demontagen offiziell beendet, 1950 nahm Thyssen die Produktion wieder auf, und als schließlich 1951 Alfried Krupp von Bohlen und Halbach als Kriegsverbrecher begnadigt wurde und sein Imperium zurückerhielt, stand dem Start ins Wirtschaftswunder kein Hindernis mehr im Wege.