Die erste Etappe führt von Berlin bis an die Wolga: Dicke Eisschollen treiben auf der Oder – die erste von vielen Grenzen, die auf der Reise überquert werden. Das wieder aufblühende Warschau ist die letzte westliche Metropole auf dem Weg nach Osten. In Jazzkellern und Studentenclubs ist ein Flair zu erleben, dessen intellektuelle Eleganz bezaubert. Am Grenzbahnhof Brest überquert der Zug die Scheidelinie zu Europas Osten, nicht nur weil dort die Fahrgestelle der Waggons ausgetauscht werden. Denn ab Brest gilt die breitere russische Spurweite für die Eisenbahn. Die kleine Stadt am Bug, die heute zu Weißrussland gehört, war in sowjetischer Zeit das Portal zum Kerngebiet des Moskauer Imperiums, woran schon der prächtige, im Zuckerbäckerstil errichtete Bahnhof erinnert.
Dirk Sager und sein Team haben die Grenze zu Kasachstan überquert und mit einem Jeep einen abenteuerlichen Abstecher zum Ort einer der größten, von Menschen verursachten Ökokatastrophen der Geschichte gemacht: Rostige Schiffe liegen in weißer, endloser Steppe. Zwischen den Wracks staksen Kamele und scharren auf der Suche nach Nahrung im Schnee. Nichts verrät, dass dies einmal der Boden eines großen Gewässers war, so groß, dass die Einheimischen ihren Aral-See ein Meer nannten. Weil ihm das Wasser abgegraben wurde, trocknete der See aus. Zurück blieben die Wracks, aber auch Hafenstädte und Fischerdörfer, die heute 100 Kilometer vom Ufer entfernt liegen. Kein Gebiet der einstigen Sowjetunion schien sich für Experimente so gut zu eignen, wie die schier endlosen Steppen Kasachstans.
An der Chinesischen Mauer wird wieder gearbeitet. Oben auf dem Berggipfel errichten Arbeiter einen Wachturm. Jeder Stein, jeder Sack Zement wird aus dem Tal unter unsäglichen Qualen von Trägern den Berg hinaufgeschleppt. Die Bauarbeiten dienen nicht mehr der Verteidigung gegen barbarische Heerscharen aus dem Westen, sondern dem Tourismus: Damit Besucher einen erhebenden Eindruck von der 6.500 Kilometer langen Abwehrbastion mit nach Hause nehmen können, wird das architektonische Wunderwerk rekonstruiert. Dirk Sager und sein Team befinden sich am westlichen Endpunkt der Mauer nahe der Stadt Jiayuguan. Von dort reisen sie durch den wenig bekannten Westen des großen Reichs über Lanzhou nach Chengdu und Kunming in den subtropischen Süden Chinas. (Text: 3sat)
Zehn Stunden soll die 300 Kilometer lange Fahrt von der chinesischen Grenze bis in die Hauptstadt Hanoi dauern. Doch das ist ein Schätzwert, weil schon die Sturheit einer Kuh, die dem Zug den Weg versperrt, den Fahrplan in Unordnung bringt. Es ist ein Zug der fröhlichen Leute. In engen Kurven folgt er dem Lauf des Roten Flusses, windet sich durch Dörfer, in denen Vieh und Menschen der Eisenbahn nur widerwillig die Vorfahrt überlassen. Die Reisenden verbindet das Gefühl einer klassenlosen Gesellschaft, in der jeder mit jedem spricht und scherzt. Nach 13 Stunden rattert er schließlich über die letzte Brücke vor der Stadt und wird von der urbanen Lebenswelt verschlungen. So schmal ist die Gasse, die dem Schienenstrang belassen wurde, dass der Reisende von Fenster zu Fenster in den Wohnungen das abendliche Fernsehprogramm sehen kann.