Wie ein Magnet zog die Stadt bei ihrer Gründung 1960 die verschiedenartigsten Menschen an, die alle mit der gleichen Erwartung kamen: Sie wollten in einer Stadt leben, in der es keine sozialen Unterschiede geben sollte und jeder willkommen war. Der Städteplaner Lucio Costa hatte den nationalen Wettbewerb für den Grundriß der neuen Stadt gewonnen. Er entwarf die Hauptachsen der Stadt als Kreuz – als Symbol für Zeit, Raum und Ewigkeit. Inmitten der Einöde des Landesinneren wurde Brasilia hochgezogen. Der Architekt und Mitbegründer Brasilias Oscar Niemeyer faßte einige Jahre nach der Entstehung der Stadt die Anfangsjahre zusammen: „Brasilia war ein großer mutiger Entwurf, der sich zum Ziel gesetzt hatte, die Entwicklung von fünfzig Jahren in fünf Jahren vorzunehmen. Die Eile war eine Frage des Enthusiasmus.“Aber durch den Militärputsch 1964 wurden die Menschen in Brasilia brutal aus ihrem Traum herausgerissen, bevor die Utopie sich in der Realität entfalten konnte: „Es war fast wie ein Kindermord, der Tod einer Stadt während ihrer Geburt.“ Luiz Umberto, Architekt und Professor für Fotografie hat den Militärputsch miterlebt. Heute sind die sozialen Gegensätze in Brasilia krasser als anderswo in Brasilien. Luiz Umberto führt uns durch die Stadt. Er arbeitet an der Universität von Brasilia, die während des Militärputsches besetzt wurde: „Intellektuelle wurden festgenommen die Stadt wurde ihrem eigenen Schicksal überlassen.“ Dennoch ist Luiz Umberto Brasilia treu geblieben. Was ist es, das die Pioniere Brasilias noch hält? Trotz aller Rückschläge gilt Brasilia bis heute als die Denkmaschine des Landes. Warum übt es auch auf junge Leute eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus? (Text: arte)