Chandigarh – die Stadt, die 1948 aus dem Nichts erbaut wurde. Ein politisches Manifest für das neue, unabhängige Indien, dessen Strukturen sich von der Agrargesellschaft zur modernen, demokratischen Industriegesellschaft wandelten. Chandigarh ist gleichzeitig ein Manifest Le Corbusiers, des Hauptpropheten der modernen Architektur: Er war überzeugt, daß die Industriegesellschaft eine neue Wohnform und eine neue Städteplanung brauchte. Die Stadt sollte strikt unterteilt sein in Arbeits- und Freizeitbereiche. Jeder Bereich sollte autonom sein. Menschen sollten in Hochhäusern leben und arbeiten – in Gebäuden, die monumentalen Inszenierungen gleichen. Chandigarh war der Versuch Le Corbusiers, die abendländische Moderne der indischen Kultur anzupassen. Aber haben nicht vielmehr die Inder die Stadt Le Corbusiers erobert?Der Film zeigt die Menschen die in der Stadt leben. Menschen, die diese künstliche Stadt dazu genutzt haben, etwas eigenes daraus zu machen – etwas, das ihren Wünschen und Bedürfnissen entspricht und weniger den Visionen von Le Corbusier. Rechtsanwalt Gupta kennt die Glanzzeiten Chandigarhs aus seiner Kindheit und aus Erzählungen seines Vaters. Dieser gehörte zu den Pionieren, die sich gleich zu Beginn hier niederließen. Gupta schwärmt von seiner Stadt und der Lebensqualität, die sie anbietet. Zwar war die anfänglich geplante Trennung verschiedener Lebensbereiche nicht durchzuhalten. Gebäude wurden umfunktioniert. Die Utopie der Anfänge mag als gescheitert gelten. Aber auch die ärmsten Einwohner Chandigarhs wie zum Beispiel der Rikscha-Fahrer Satish möchten nirgendwo sonst leben. Satish räumt ein, daß das Leben für ihn hier auch nicht leichter ist als anderswo – aber die Leute sind anders. (Text: arte)