Der zweite Film der mutigen ARD-Trilogie über die Untaten des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds ist auch der bedrückendste. Das Drehbuch von Grimme-Preisträgerin Laila Stieler („Die Polizistin“) basiert auf den Erinnerungen von Semiya Şimşek. Sie war 14, als ihr Vater Enver, ein türkischstämmiger Blumenhändler aus dem hessischen Ort Schlüchtern, im Herbst 2000 erschossen wurde. Enver Şimşek war das erste Opfer der beiden heimtückischen Mörder, aber was seine Familie nach der Tat durchmachen musste, ist fast noch erschütternder: Die Polizei machte das Opfer zum Täter. Theorie Nummer eins: Şimşek hatte eine Geliebte und ist vom Bruder seiner Frau erschossen worden; die Polizei konfrontierte die Witwe sogar mit einem Foto vor, das angeblich die Freundin zeigte. Theorie Nummer zwei: Şimşek, der regelmäßig in Holland Blumen kaufte, hat Drogen geschmuggelt und ist von seinen Kumpanen ermordet worden. Als letzte Möglichkeit zogen die Ermittler eine Schutzgelderpressung infrage. Dass der feige Mord einen ausländerfeindlichen Hintergrund haben könnte, ist offenbar nie in Erwägung gezogen worden.