Es gibt geschichtsträchtige Orte, die sind auf den ersten Blick nicht spektakulär. Die Columbuskaje in Bremerhaven, das sind nur 1.000 Meter nüchterne Kaimauer. Aber genau dieser Kilometer aus Stein und Spuntwand wurde für über acht Millionen Menschen zum Schicksalsort. Auswanderer auf der Suche nach einem besseren Leben. Kriegsflüchtlinge, Heimatlose, „Displaced Persons“, die von hier aus aufbrachen, um eine neue Heimat zu finden. Die meisten sahen ihre alte Heimat nie wieder. „Kaje der Tränen“, so heißt die Columbuskaje im Volksmund. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war Bremerhaven der bedeutendste Auswandererhafen Europas. Aus ganz Europa kamen die Menschen, die den Aufbruch in die neue Welt wagen wollten und sich ein besseres Leben erhofften in Amerika oder Australien. Ein großes Wagnis damals, allein die Überfahrt war gefährlich genug. Sie dauerte sechs Wochen bis New York. Die Reeder verdienten gut daran, Auswanderer in die neue Welt zu schiffen und auf dem Rückweg Kolonialwaren für die Märkte im alten Europa zu transportieren. Und bald schon eröffnete sich ein neues Geschäftsfeld: der reguläre Transatlantikverkehr von Bremerhaven in die Großstädte Amerikas. Immer mehr Menschen reisten so hin und her, auf immer luxuriöseren Schiffen. Diese Entwicklung erforderte neue Anlegemöglichkeiten für Schiffe in Bremerhaven. Als 1927 die Columbuskaje eröffnet wurde, war der Höhepunkt erreicht. Die legendären Ozeanriesen des Norddeutschen Lloyd, wie die „Bremen“ oder die Namensgeberin „Columbus“ boten hier prominenten Reisende wie dem Tenor Richard Tauber oder Filmdiva Marlene Dietrich eine glamouröse, standesgemäße Reisemöglichkeit. Die Abschiede an der Kaje wurden regelrecht inszeniert. Blaskapellen spielten „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Das süddeutsche Volkslied wurde zum Symbol für den Aufbruch nach Übersee. Mit der Machtübernahme der Nazis begann ein neues, düsteres Kapitel in der Geschichte der Columbuskaje.