Die Bilder gingen um die Welt: Millionen von Menschen bevölkern am Abend des 9. Novembers 1989 die Straßen Berlins, es herrscht grenzenloser Jubel, Tränen der Freude fließen, Unbekannte umarmen einander. Die plötzliche Öffnung der Berliner Mauer ist ein Wendepunkt in der Geschichte des Landes und ein nie vergessenes Ereignis für Großteile der deutschen Bevölkerung. Doch nicht allen Berlinern sind die Feierlichkeiten an jenem Tag vergönnt, manch einer bekommt noch nicht einmal mit, welch geschichtsträchtiges Ereignis gerade in der Metropole stattfinden. Einer von ihnen ist Hanns-Christian Catenhusen, der wenige Tage zuvor im brandenburgischen Beelitz seinen Grundwehrdienst in der Nationalen Volksarmee der DDR angetreten hatte. Zusammen mit seinen Kameraden schaut er zwar die abendliche Nachrichtensendung und sieht die legendäre Pressekonferenz, bei der die Öffnung der innerdeutschen Grenze bekanntgegeben wird, doch die Tragweite dieser Worte wird der Truppe in dem Moment nicht bewusst. Erst am folgenden Tag erkennt sie die Bedeutung – erst recht als es plötzlich heißt: „Erhöhte Gefechtsbereitschaft“. Für ihn folgen Stunden des Horrors, in denen er damit rechnen muss, den Einsatzbefehl an die Mauer zu bekommen und sogar von seiner Waffe Gebrauch machen zu müssen. Die Aussicht auf einen Schießbefehl löst in ihm pure Angst aus, weswegen er rückblickend vom „schwärzesten Tag“ seines Lebens spricht. Besser ergeht es dem Großteil seiner Landsleute: In Massen überqueren die glücklichen DDR-Bürger in den kommenden Tagen die plötzlich geöffnete Grenze und werden dabei von ebenso freudestrahlenden Westbürgern empfangen. Vielerorts fließen Tränen der Freude darüber, dass auch im privaten Bereich „zusammenwächst, was zusammengehört“: Familien werden wieder vereint und auch der länderübergreifenden Liebe sind nun keine Grenzen mehr gesetzt. So auch im Fall der damaligen DDR-Studentin Silke Möllmann, die sich wenige Jahre zuvor in
Anfang des Jahres 1990 ist das Ende der DDR bereits absehbar, auch die alles beherrschende SED kann daran wenig ändern – die Partei, die bisher alle Fäden in der Hand hielt, hat ihre Führungsrolle verloren. Millionen Mitglieder sind orientierungslos. So geht es auch Heidrun Kruse, die nördlich von Berlin seit sieben Jahren als Pionierleiterin in der „Pionierrepublik Wilhelm Pieck“ tätig ist. Bisher hat sie in ihrem Traumberuf Freizeitangebote ebenso wie politische Schulungen organisiert, doch wie bei vielen SED-Genossen macht sich nun Ratlosigkeit in ihr breit. Ihre Partei, die jahrzehntelang die Macht für sich beansprucht hatte, weiß plötzlich selbst keinen Rat mehr und auch Kruse, deren Job am seidenen Faden hängt, spürt erstmals Existenzangst. Der Austritt aus der Partei erscheint ihr schließlich als letzter Ausweg. (Text: ARD)
Am 3. Oktober 1990 ist es so weit: Die Menschen bejubeln die lang ersehnte deutsche Wiedervereinigung, ein großer Festakt in Berlin würdigt die friedliche Revolution. Es herrscht Silvesterstimmung mitten im Herbst, doch bei vielen Ostdeutschen vermischen sich die positiven Gedanken mit einer gehörigen Portion Skepsis. Es folgen die mühsame Umgestaltung eines Landes nach dem Vorbild der Bundesrepublik und ein schlagartiger Wandel der Lebensverhältnisse von Millionen von Menschen. Tausende von Westdeutschen wollen ihre neuen Landsleute unterstützen und an einer erfolgreichen Umsetzung der Einheit partizipieren. Sie werden als Fachleute in Ministerien, Behörden und in der Wirtschaft dringend beim Aufbau Ost gebraucht. Manche lockt das Geld, andere die neue Herausforderung. (Text: ARD)
Die DDR ist seit vier Jahren Geschichte, aber die juristische Aufarbeitung der Vergangenheit beginnt erst jetzt. Die Prozesse gegen Staatsführung und Mauerschützen sind zwar medienwirksam, für die Opfer des Regimes erweisen sich die Urteile jedoch oftmals als unbefriedigend. Auf verspätete Gerechtigkeit hofft auch der Ost-Berliner Jürgen Litfin, dessen älterer Bruder Günther beim Fluchtversuch am 24. August 1961 ums Leben kam. Erschossen von einem Grenzposten. Was bleibt, ist die Erinnerung und ein Gedenkstein für seinen Bruder, der als das erste Todesopfer gilt, das die Mauer forderte. Durch die Zentrale Ermittlungsgruppe für Regierungs- und Vereinigungskriminalität ZERV, die sich mit der strafrechtlichen Aufarbeitung von Leid und Unrecht in der DDR befasst, erfährt er mehr als dreißig Jahre nach der Tat die erschreckenden Einzelheiten. Als schließlich im Rahmen der sogenannten Mauerschützenprozesse auch der Fall seines Bruders verhandelt wird, macht sich in Litfin Wut breit – insbesondere über das Urteil. Unterdessen ist nach einigen Jahren des Lebens im vereinten Land beiderseits Ernüchterung eingekehrt. Gerade viele Ostdeutsche denken oftmals mit Wehmut an das Leben in der DDR zurück, teilweise setzt eine Verklärung der Vergangenheit ein. Eine Welle der Ostalgie schwappt über das Gebiet der ehemaligen DDR. Auch bekannte Ostprodukte feiern ihre Wiederauferstehung. Ob Zigaretten, Sekt oder Waschmittel – viele Waren kehren in den Handel zurück und verkaufen sich gut. Ihr Erfolg ist gleichzeitig Ausdruck der Sehnsucht vieler Ostdeutschen nach dem früheren Leben. In Nordhausen kann sich Ralf Heckel dies zunutze machen: Er kreiert Ostalgie-Parties. Auf diesen wird zu den Hits der DDR-Musik getanzt, „Vita Cola“ getrunken und das Pionierhalstuch getragen, während ein Honecker-Double für die Unterhaltung zuständig ist. Mit seiner dargestellten Wiedergeburt der DDR bedient er ein verbreitetes Lebensgefühl dieser Zeit, für den findigen Ver
Anfang 1992 werden die Akten der Staatssicherheit für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die eigens dafür geschaffene Stasi-Unterlagen-Behörde unter der Leitung von Joachim Gauck kümmert sich um die Bereitstellung und Rekonstruktion der Akten, Fotos, Tonbänder und Filme. Auch wenn die Mitarbeiter der Staatssicherheit noch in den letzten Monaten der DDR versuchten, einen Teil des belastenden Materials zu vernichten, können nun Privatpersonen, Forscher aber auch Journalisten Millionen Karteikarten und über 111.000 laufende Meter Akten eines ehemaligen Staatsgeheimdienstes einsehen. Diese Vorgehensweise ist einmalig in der Geschichte. (Text: mdr)
Am Anfang standen Aufbruch und Freiheit, aber auch Chaos, Unsicherheit und Anarchie. Der Westen kommt in den Osten. Die Verlockungen für jeden einzelnen sind groß, die Zeiten des Mangels und Zuschauens vorbei. Jeder will teilhaben an der bunten, neuen Glitzerwelt. Freiheit, das bedeutet das Ende von Repression und Bevormundung. Freiheit, das bedeutet aber auch die Möglichkeit zu reisen und – Konsum. So wird der Osten Deutschlands bald nach der Wiedervereinigung zu einer Region, in der viele ihre Träume verwirklichen wollen. Und sei es durch die Eröffnung einer Imbissbude oder eines Sex-Shops, bislang Marktlücken im Osten. Zugleich ist dieser Tummelplatz für Glücksritter, Abenteurer, Kriminelle. Oft, aber keineswegs immer, kommen sie aus dem Westen der Republik. Sie treffen auf gelernte DDR-Bürger, die oft allzu vertrauensselig sind und Betrügern auf den Leim gehen. Es boomen Kaffeefahrten, auf denen Schnäppchen locken, die sich dann als teuer bezahlter Nepp erweisen. Banden von Hütchenspielern bevölkern die Fußgängerzonen und zocken neugierige Passanten ab. Die Kriminalität gerät außer Kontrolle, und das in einer Region, in der viele früher nicht einmal die Haustür abgeschlossen haben. Das Organisierte Verbrechen ist auf dem Vormarsch, Schmuggler und Rotlichtbarone machen gute Geschäfte. Die Polizei, oft noch in den alten VoPo-Uniformen, ist verunsichert und machtlos. Das alles sorgt für tiefe Verunsicherung in der Bevölkerung. Darüber hinaus prallen höchst unterschiedliche Mentalitäten und Gewohnheiten aufeinander. Die Deutschen aus Ost und West sind sich oft gegenseitig fremd. Manchmal führen Kleinigkeiten zu großen Konflikten. So die Frage, ob an den Küsten der Ostsee nackt gebadet werden darf. Die neuen Besucher aus Westdeutschland stören sich daran, protestieren lautstark, der „Höschenkrieg“ ist entbrannt. Anarchie herrscht im „Wilden Osten“, zugleich eine Zeit, in der Freiräume entstehen, die es so nie wieder geben wir
Zwanzig Jahre nach der deutschen Einheit erinnern sich Menschen aus dem Osten Deutschlands an ihr Leben, ihre Träume, Sorgen und Ängste während jener schicksalhaften Monate zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung im Jahr 1990. In aufwendigen Inszenierungen werden jene Tage wieder lebendig – Tage, in denen die Ostdeutschen Freiheit und Anarchie; Aufbau und Zusammenbruch in einer einzigartig konzentrierten Weise erlebten und gestalteten. Der Film jedoch verharrt nicht im Gestern – eben jene Zeitzeugen werden heute zwanzig Jahre später wieder an jene Orte gebracht, an denen sich ihr Schicksal damals änderte. Was ist aus ihnen geworden? Wer von ihnen sieht sich als Gewinner, wer als Verlierer der Einheit? Welche Irrwege, Umwege haben ihre Leben genommen? Sind es Lebensläufe, die stellvertretend für 17 Millionen ostdeutscher Schicksale stehen? Parallel dazu werden alle seit 1990 in den damals sogenannten „Neuen Bundesländern“ regierenden Ministerpräsidenten nach ihrer persönlichen und vor allem ihrer politischen Bilanz der Einheit befragt. Was ist gelungen, was völlig anders gekommen als gehofft oder befürchtet? Und was bleibt uns nach zwanzig Jahren noch zu tun? So entsteht ein dichtes Porträt der ostdeutschen Lebenswirklichkeit im Jahr 2010 – und eine Reflektion über den weiten Weg, den die Ostdeutschen seit 1990 zurückgelegt haben.
"Aufruhr in den Augen"- Im Umbruch-Herbst 1989 wird ein Teil der Rockmusiker und Liedermacher in der DDR zum Motor der Veränderungen im Land. Sie gehören zu den Ersten, die in einer eigenen Resolution die kurz zuvor gegründete Oppositionsgruppe "Neues Forum" unterstützen und Reformen fordern.
30. September 1989 kurz vor sieben Uhr abends. Fast 4.000 Menschen drängen sich im Garten der Prager Botschaft. Sie alle warten auf die Nachricht von Hans Dietrich Genscher. Schließlich erscheint er auf dem Balkon. "Liebe Landsleute. Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise …". Der Rest seiner Rede wird von lautem Jubelgeschrei übertönt. Es ist der Beginn eines der bedeutendsten Ereignisse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Noch am gleichen Abend sollen die ersten Züge von Prag aus in die Bundesrepublik Deutschland fahren. Doch was dann bekannt wird, sorgt für Entsetzen: Sie sollen einen Umweg machen. Sie müssen durch die DDR. Für die Botschaftsflüchtlinge beginnt nun eine Zeit des Bangens und Hoffens. Die kommenden neun Stunden Zugfahrt wird kaum einer der Insassen je wieder vergessen. Stasimitarbeiter steigen zu und sammeln die Pässe ein, Menschen versuchen aufzuspringen, einige klettern durch die engen Fenster in die Wagons. Dort, wo der Zug hält,
Neun Frauen erzählen aus ihrem Leben. Sie alle hatten 1989 an dem Wettbewerb „Miss Leipzig“ teilgenommen und waren im Umfeld dieser Veranstaltung von dem Fotografen Gerhard Gäbler fotografiert und interviewt worden. 18 Jahre später hat Filmemacher Gunther Scholz die Frauen wieder besucht. Sein Film ist das Porträt einer Gruppe junger Frauen, deren damaliger Lebensmittelpunkt Leipzig und die DDR war. 1989 versuchten sie einen Schritt ins Rampenlicht. Was sich seitdem für sie verändert hat, beschreibt dieser Film. Im Mai 1989, nur wenige Monate vor der politischen Wende in der DDR, suchte die „Leipziger Volkszeitung“ die „Miss Leipzig 1989“.
Platz nehmen auf Augenhöhe, an einem symbolischen Runden Tisch. Das war Ende 1989 keine Selbstverständlichkeit zwischen der DDR-Regierung und der Opposition, die sich seit Wochen in explosiver Stimmungslage gegenüberstanden. Dass die Umwälzungen in der DDR am Ende wirklich als "Friedliche Revolution" in die Geschichtsbücher eingingen, ist unter anderem diesem Gremium zu verdanken. "Neues Forum", "Demokratie Jetzt", "Vereinigte Linke", "Demokratischer Aufbruch", "Initiative für Frieden und Menschenrechte", "Grüne“ und "Sozialdemokratische Partei" - das waren die neuen oppositionellen Gruppen und Organisationen, die in Ost-Berlin und im ganzen Land den DDR-Regierungsvertretern gegenübersaßen. Am 7. Dezember 1989 kamen sie zum ersten Mal zusammen - am Zentralen Runden Tisch in Ost-Berlin.