Stefan ist gerade mal 43 Jahre alt, hat aber schon fast alle Zähne verloren. Sein Kiefer verformt sich ständig, neue Prothesen passen schon nach ein paar Wochen nicht mehr. Er verträgt nur noch wenige Lebensmittel, hat andauernd Durchfall, dazu Gliederschmerzen, Herzrasen, Hautausschlag. Vor genau fünf Jahren haben die Beschwerden von heute auf morgen begonnen und sie sind immer schlimmer geworden. Bis dahin war er topfit, spielte erfolgreich bei Kreismeisterschaften im Tischtennis. Inzwischen ist der Gärtner längst arbeitsunfähig, traut sich selten aus der Wohnung, denn immer wieder mal kollabiert er. Exakt gezählt hat Stefan 40 Ärzte und zehn Kliniken in ganz Deutschland durch. Alle stellen fest, sein Körper steckt voller Entzündungen, aber die Ursache hat bisher noch keiner gefunden. Stefan ist am Ende und seine letzte Hoffnung heißt ZuK, das „Zentrum für unerkannte Krankheiten“ an der Universitätsklinik Marburg, eingerichtet Ende 2013. Dort versucht Professor Jürgen Schäfer den rätselhaftesten Fällen auf die Spur zu kommen. Und das gelingt ihm erstaunlich oft, weil er Zeit hat für intensive Diagnosearbeit. Die räumt ihm die Uni-Klinik Marburg ein. So kann er es sich leisten, lange Gespräche mit Patienten zu führen, aufwändige Untersuchungen und Labortests machen zu lassen, „um die Ecke zu denken“. Dazu berät ihn ein Team von Spezialisten, das sich einmal pro Woche zum diagnostischen Brainstorming trifft. Vom ZuK erhofft sich jetzt auch Stefan endlich eine Diagnose und dadurch vielleicht eine Linderung seiner Beschwerden. Denn, so sagt er, alle anderen finden seit langem, dass er einen „an der Klatsche“ habe, er wird abgestempelt als Simulant, als Querulant. Das passiert vielen Menschen, die lange an Krankheiten leiden, bei denen niemand die Ursache findet. Wie hoch der Bedarf an Diagnosen unerkannter Krankheiten ist, sieht man im Sekretariat von Professor Schäfer. Da stapeln sich in Umzugskisten Krankenakten aus ganz Deutschl