Eine Hebamme vertauscht im Krankenhaus zwei Babys. Vermutlich aus Unachtsamkeit, es ist der Geburtstag ihres eigenen Kindes und sie muss noch den Geburtstagskuchen backen. Für die beiden Neugeborenen Marianne und Marlies verändert sich in einem einzigen Moment ihr ganzes Leben. Das Mädchen aus der Westberliner Familie wächst in der DDR auf, das Mädchen aus der DDR in Westberlin. „Die kann gar nicht von Euch sein“ Dass die Geschichte von Marianne Jahrzehnte später eine Wendung erfährt, verdankt sie ihrer leiblichen Schwester Karin. Die hatte schon während ihrer Jugend in der Uckermark das Gefühl, dass die ein Jahr jüngere Marlies nicht zu ihr und ihrer Familie passt. Marlies war so ganz anders, hatte andere Interessen, andere Vorlieben als der Rest der Familie. Als Marlies etwa 12 Jahre alt war, hat ein Nachbar etwas ausgesprochen, an das sich Karin bis heute erinnert: „Die kann gar nicht von Euch sein.“ Dieser Satz hat Karin immer wieder beschäftigt. Während sie ihr Abitur machte und später studierte, hat ihre „Schwester“ Marlies nur mit großer Mühe 10 Schuljahre geschafft und mehrere Ausbildungen abgebrochen. Das Verhältnis der Schwestern wurde immer distanzierter. Marlies starb schließlich mit 48 Jahren an einer Krebserkrankung. Verlorene Kindheit Nach der Wiedervereinigung beginnt Karin zu recherchieren und findet den Namen des Kindes, das in der gleichen Nacht wie Marlies geboren wurde: Marianne! Schon bei ihrem ersten Treffen wissen beide: Wir sind Schwestern. Ein DNA-Test bringt später den offiziellen, medizinischen Beweis: Marianne wurde vertauscht – sie ist wirklich die Tochter von Karins Mutter. Was wäre aus ihrem Leben geworden, wäre sie nicht vertauscht worden? Diese Frage stellt sich Marianne immer wieder. Alkoholexzesse und schwerste Misshandlungen waren der Begleiter ihrer Kindheit und Jugend. Sie sagt: „Ich hatte keine Kindheit.“ Hätte sie ein glücklicheres Leben haben können? „Menschen hautnah“-Autorin Gab