Der Manila-Express hat seine Gleise nicht für sich allein. Menschen wie die Fischverkäuferin Editha Jayko haben direkt auf und an den Schienensträngen Wohnungen und Verkaufsstände gebaut, betreiben dort ihre Geschäfte und betreuen ihre Kinder. Mitten durch diese ungewöhnliche Nachbarschaft fährt der Lokführer Cesar Capena täglich 30 Kilometer vom Zentrum der Metropole Manila in den Süden und zurück. Und immer hat er Angst, jemanden zu überfahren. „360° – Geo Reportage“ zeigt Menschen, die nach dem Fahrplan des Manila-Express leben. Cesar Capena kneift die Augen zusammen. Schweißperlen glänzen auf seiner Stirn. 42 Grad Celsius herrschen in dem engen Führerstand seiner Lok, als er die Geschwindigkeit drosselt. Capena ist vorsichtig, denn schon viermal hat sein Zug auf dieser Strecke einen Menschen erfasst. Zur gleichen Zeit bedient Editha Jayko ihre Kunden. Sie lebt seit 15 Jahren an den Gleisen der Philippine National Railroad in Manila und verkauft Fisch. Als aus der Ferne das Signal der Lok ertönt, räumt sie in Sekundenschnelle ihre Fische zusammen. Dann rattert der Zug vorbei. Schon Augenblicke später lassen sich Editha Jayko und die anderen, die hier leben, wieder auf den Schienen nieder. Das Szenario wiederholt sich täglich im Stundenrhythmus. Nur Zentimeter bleiben zwischen dem ratternden Zug und den Hüttenwänden, den Gemüseständen, Wäschereien und dem Stuhl des Friseurs. 70.000 Menschen leben in den südlichen Ausläufern der Megacity Manila unmittelbar an den Schienen der einzigen noch existierenden Eisenbahnlinie. Sie haben das öffentliche Land besetzt. Dem Gesetz nach können sie nicht ohne weiteres verjagt werden, denn sie haben Gewohnheitsrechte. Vor einer Räumung müssten die Behörden ihnen ein Ersatzgelände zuweisen. Doch die Behörden sind vorsichtig, denn auch die Siedler sind Wähler. (Text: arte)