Wer verführen kann, wird oft bewundert. Die Philosophie misstraute dieser hehren Kunst jedoch schon seit Platon: Die Verführung galt als enge Verwandte von Lüge und Täuschung, die den Menschen von der Wahrheit wegführt. Gilles Lipovetsky erklärt, dass Verführung in der Natur omnipräsent ist: Blumen schmücken sich mit bunten Farben, um Bestäuber anzulocken, und Tiere balzen, um potenziellen Geschlechtspartnern zu gefallen. Und die Menschen? Wo ist die Grenze zwischen Verführung und sexueller Belästigung? Eine Aktivistin der feministischen Organisation Paye Ta Shnek gibt Antworten. Die nähere Beschäftigung mit dem Phänomen erlaubt eine weitere Hypothese: Was, wenn das wahre Wesen eines Menschen letztlich an der Oberfläche liegt? Wie Nietzsche schon sagte: „Was ist mir jetzt Schein! Wahrlich nicht der Gegensatz irgendeines Wesens was weiß ich von irgendwelchem Wesen auszusagen, als eben nur die Prädikate seines Scheines! Wahrlich nicht eine tote Maske, die man einem unbekannten X aufsetzen und auch wohl abnehmen könnte! Schein ist für mich das Wirkende und Lebende selber, das so weit in seiner Selbstverspottung geht, mich fühlen zu lassen, dass hier Schein und Irrlicht und Geistertanz und nichts mehr ist.“ Zu Gast ist Gilles Lipovetsky, geboren 1944, Dozent für moralische und politische Philosophie. 2017 erschien sein Buch „Plaire et toucher. Essai sur la société de séduction“ (Gallimard). Außerdem ist eine Aktivistin der feministischen Organisation Paye Ta Shnek eingeladen, die gegen sexuelle Belästigung kämpft. (Text: arte)
Raphaël Enthoven débat des frontières entre séduction et harcèlement avec Gilles Lipovetsky, professeur de philosophie morale et politique, et l'économiste Sandrine Rousseau, ancienne porte-parole d'Europe Écologie Les Verts (EELV).