Wenn es in Hollywood um die Besetzung einer Charakterrolle geht, eine Figur mit Vergangenheit glaubwürdig verkörpert werden soll, dann steht sein Name ganz oben auf der Wunschliste: Armin Mueller-Stahl. Ob als eiskalter Boss der Russenmafia („Tödliches Versprechen“) oder als untergetauchter Altnazi („Music Box“), immer gibt er seinen Rollen Tiefe und Distanz, ist kühl und menschlich zugleich. Die Figur bis ins Verborgenste auszuleuchten, darin besteht seine Kunst.
Zum ersten Mal gibt Herbert Grönemeyer nun Einblicke in sein Alltags- und Arbeitsleben. Der Film zeigt ihn als Superstar der deutschen Popkultur und als Mensch. „Mensch“, so auch der Titel seines erfolgreichsten Albums, entstand nach dem großen Trauma seines Lebens: dem Tod des Bruders und seiner Frau innerhalb einer Woche.
Cornelia Funke ist ein schreibender Weltstar, ihre Kinderbücher, die „Tintenherz“-Trilogie, „Drachenreiter“ und „Herr der Diebe“, sind internationale Bestseller. Im Jahr 2005 zählte das TIME Magazine Cornelia Funke zu den 100 weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten – als einzige Deutsche. Da hatte sie bereits rund zehn Millionen Bücher verkauft, einige ihrer Werke sind erfolgreich fürs Kino verfilmt worden. Sie kann sich in das Universum von Kinderfantasien hineindenken und unverwechselbare Geschichten erfinden. Ihre Bücher sind nicht einfach nur Lesefutter für die Kleinen, sondern literarisch ambitionierte Geschichten von Rang. Die 1958 in einer westfälischen Kleinstadt geborene Cornelia Funke ist die mit Abstand erfolgreichste und populärste deutsche Autorin. Sie hat mehr als 50 Bücher veröffentlicht, viele davon auch selbst illustriert – das erste vor bald 20 Jahren, als sie noch, nach Abitur und Ausbildung zur Diplompädagogin, als Erzieherin auf einem Bauspielplatz in Hamburg arbeitete. Ihre praktische Erfahrung mit Kindern und ihre Natürlichkeit scheinen, neben der offenbar unerschöpflichen Erfindungskraft und einer immer souveränen, bildstarken und originellen Sprache, die Kinder wie Erwachsene gleichermaßen anspricht, wesentliche Voraussetzungen für ihre märchenhafte Karriere zu sein. Hollywood, eine Villa unter Palmen: Das Haus,das einmal der Schauspielerin Faye Dunaway gehörte, ist der aktuelle Wohnsitz Funkes, und genau dort, an diesem glamourösen Ort, erleben wir eine herzliche, offene Frau, die ihre Kinder für die Schule fertig macht und Frühstück zubereitet. Nicht viel später trifft sich Cornelia Funke mit Produzenten von „New Line Cinema“, die an der Verfilmung ihrer „Tintenherz“-Trilogie (mit Brendan Fraser und Helen Mirren) beteiligt sind. Dann geht die Arbeit zu Hause weiter, Besprechungen finden im Gartenpavillon von Funkes Villa statt. Abends hält sie eine Lesung, an einer Schule irgendwo in Los
Seine Stimme geht unter die Haut. Thomas Quasthoff beherrscht das gesamte Repertoire vom Schubertlied bis zum Bachoratorium, singt Opern auf der großen Bühne, gibt Gastspiele auf der ganzen Welt. Der Bassbariton ist eine Ausnahmeerscheinung, ein vitaler, virtuoser Gesangskünstler, mit und trotz seiner körperlichen Behinderung. Publikum und Kritiker schätzen ihn als besten deutschen Konzertsänger seiner Generation. Sicherlich ist er einer der Gefragtesten: Dirigenten wie Daniel Barenboim, Claudio Abbado, Kurt Masur und Sir Simon Rattle arbeiten regelmäßig mit ihm zusammen. Geboren 1959 im niedersächsischen Hildesheim als ein sogenanntes Contergan-Kind, war er durch seine körperliche Konstitution nicht für eine Bühnenkarriere prädestiniert. Lakonisch und selbstbewusst beschreibt sich Quasthoff selbst: „1,31 Meter groß, kurze Arme, sieben Finger – vier rechts, drei links -, großer, relativ wohlgeformter Kopf,braune Augen, ausgeprägte Lippen; Beruf: Sänger.“ Der Bassbariton mit Professur für Gesang an der Berliner Musikhochschule „Hanns Eisler“ schaut gerne über den Tellerrand des Klassikrepertoires. Er ist ein begeisterter Jazz-Hörer und inzwischen auch Jazz-Interpret. Im Porträt ist Quasthoff zusammen mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern zu sehen, in Salzburg bei der Aufführung von Haydns Schöpfung sowie bei Konzerten in Wien und Hannover. Als Jazz-Sänger präsentiert er sich auf der Dresdener Aids-Gala sowie in der Komischen Oper Berlin, hier mit Gitte Haenning. In der „Fitzoblong“-Show seines Bruders Michael fungiert er als Kabarettist und Entertainer. Gedreht wurde auch hinter den Kulissen, während der Probenarbeit sowie vor und nach den Auftritten. Der Film fängt nicht nur die intensiven Konzertvorbereitungen, die Anspannung vor und die Erleichterung nach den Auftritten ein, er zeigt auch den privaten Alltag des Sängers. In seiner hannoverschen Villa erzählt er von seinem Contergan-Schicksal und von dem Wunder
Allein auf der Bühne, ein Mann und seine Gitarre – so kennt man Reinhard Mey, Liedermacher, Troubadour. Kaum spielt er die ersten Akkorde, schallt ihm Beifall entgegen. „Über den Wolken“ ist sein absoluter Hit; viele seiner Songs sind so bekannt wie Volkslieder. Mal träumt er vom Fliegen oder Abhauen, mal beleuchtet er das deutsche Narrenschiff der Politszene. Alltagstrott oder Sinnkrisen – Reinhard Mey hat dazu ein Lied. Er ist einer der produktivsten deutschen Liedermacher und mit Abstand der erfolgreichste. Obschon Einzelgänger, ist er doch so bekannt wie ein „Bunter Hund“, so auch der Titel seiner aktuellen Tournee.
Jonathan Meese ist Kult, Gesamtkunstwerk, enfant terrible, Welterlöser. Wie ein Komet ist er in der internationalen Kunstwelt aufgestiegen. Heute, mit 36 Jahren, gilt er als Deutschlands jüngster und radikalster Maler und Aktionskünstler. Neben Daniel Richter und Norbert Bisky ist er Teil der inzwischen international hochgehandelten Berliner Künstlerszene. Auch die Altmeister schätzen den Jungstar: Jörg Immendorff ernannte ihn zum würdigen Nachfolger, Georg Baselitz sammelt Meeses Werke und stellt mit ihm gemeinsam aus, und das, obwohl Meeses obszönes, düsterfurioses Kunstuniversum jedes Format sprengt: Er malt, zeichnet, baut Bühnenbilder und Skulpturen, spielt Theater, schreibt Manifeste, und er performt. Der Film ist ein hautnahes Porträt dieses ebenso obsessiven wie liebenswürdigen Mannes, dessen überbordende und anarchische Kreativität ihn manchmal selber zu überspülen droht. In atemberaubenden Sequenzen zeigt die Kamera den Entstehungsprozess von Meeses Bildern: Da tanzt er in seinem Atelier wie in Trance von Leinwand zu Leinwand. Statt mit dem Pinsel malt er direkt mit der Farbtube. Schafft in wenigen Minuten ganze Bildzyklen. In ebenso rasender Geschwindigkeit formt er seine Ton-Skulpturen und lässt sich beim Schaffensprozess so nah und ungeschützt beobachten wie kaum ein anderer Künstler. Auch das Privatleben ist Teil der Selbstinszenierung des Künstlers. Die enge Beziehung zu seiner Mutter gibt ihm Halt und Sicherheit; im Film erteilt sie bereitwillig Auskunft über diesen so schwierigen und hochproduktiven Sohn, dem alle Sympathien zufliegen – trotz seiner wilden und provokativen Aktionen. Zu Wort kommen auch sein Galerist Bruno Brunnet, die Künstlerkollegen Georg Baselitz und Daniel Richter, der Theatermacher Frank Castorf, aber auch Meeses Geschwister, die – wie so viele andere – diesen eigenwilligen Mann nicht immer verstehen, aber akzeptieren und bewundern.
Er galt als Feingeist unter den deutschen Humoristen. Als Autor, Regisseur, Schauspieler und Karikaturist war Loriot, der gestern 90 Jahre alt geworden wäre, einer der populärsten deutschen Künstlerpersönlichkeiten. „Versehentlich bin ich nicht zum amerikanischen Präsidenten gewählt worden“, sagte Vicco von Bülow bei einem seiner zuletzt selten gewordenen Auftritte anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung über sein Lebenswerk. Diese Aussage eines Mannes, dessen Künstlername „Loriot“ im gesamten deutschsprachigen Raum ein Schmunzeln hervorruft, zeigt nicht nur, dass er sich bis ins hohe Alter seine Selbstironie bewahrt hatte. Vicco von Bülow, der Mann hinter der Kunstfigur ‚Loriot‘, hält uns vielmehr unsere menschliche Unzulänglichkeit vor Augen: unsere Unfähigkeit, miteinander zu kommunizieren. Er hat das Verhalten von Politikern und anderen Machtmenschen entlarvt und kleinbürgerliche Ordnungsprinzipien ad absurdum geführt. Dies alles auf so geschickte und sensible Art, die ihm nie jemand übelnehmen konnte. Die eigene Geschichtsschreibung hatte er immer selbst in die Hand genommen. Sein berühmt-berüchtigter Perfektionismus beschränkte sich nicht nur auf die eigene Arbeit als Autor und Regisseur, auch seine Darstellung in den Medien hat Loriot selbst inszeniert. Bereits in den 70er Jahren hat er sich über sogenannte „Künstlerporträts“ lustig gemacht und einfach selbst einen Film über seinen Alltag als Zeichner gedreht. Abgesehen davon, dass er bereits viele Jahre vor seinem Tod am 22. August 2011 keine Interviews mehr gab, und es dann aber doch ein paar „letzte Interviews mit Loriot“ gab, fand er, dass eigentlich alles gesagt sei. Für diesen Film aus dem Jahr 2009 machte er eine Ausnahme, wollte jedoch kein Kamerateam im Haus haben und bat seinen engsten Freund und Mitarbeiter, den Regisseur Stefan Lukschy, das Gespräch mit der Autorin Claudia Müller aufzuzeichnen. Mit bewegender Offenheit gab er Auskunft über den fr
Als „ein Wunder“ hat Herbert von Karajan die Geigerin Anne-Sophie Mutter bezeichnet. Sie gilt als absolute Perfektionistin, als Virtuosin, die nicht aufhört, nach der Beherrschung der Form zu streben.
Sie ist energisch, erfolgreich, charmant – die attraktive, starke Frau des Fernsehens. Die Schauspielerin Iris Berben hat ein facettenreiches Image in der Öffentlichkeit: „Deutschlands schönes Gewissen“, so lautet ein Etikett, das auf ihr gesellschaftspolitisches Engagement – gegen Antisemitismus und Fremdenhass – anspielt. Selbstbewusst, auch selbstironisch inszeniert sie ihr Bild in den Medien: „Frauen bewegen die Welt“, behauptet Iris Berben in ihrem neuen Buch – und immer schon: „Intelligenz ist sexy“.
Er ist Filmemacher, Theatermann, Opernregisseur, Hörspielautor, bildender Künstler in Personalunion, seit neuestem auch Professor für „Kunst in Aktion“. Kein anderer deutscher Künstler seiner Generation macht derart Ernst mit dem Spiel mit der Authentizität wie Christoph Schlingensief. Der Film „Das deutsche Kettensägenmassaker“ ist sein Beitrag zur deutschen Wiedervereinigung und bringt ihm den Ruf des Underground-Berserkers ein, seine Polit-Aktion „Ausländer raus“ macht ihn zum radikalen Aufklärer. Mit jeder künstlerischen Arbeit spielt sich Schlingensief immer weiter frei, schließlich inszeniert er 2004 sogar Wagners „Parsifal“ in Bayreuth.
Er dirigiert ohne Taktstock, weil ihm das zu autoritär ist. Er will dem Komponisten und seiner Partitur dienen, die Allüren selbstverliebter Pult-Zeremonienmeister sucht man bei ihm vergebens.
Campino, charismatischer Sänger, Songschreiber und seit 1982 Frontmann der „Toten Hosen“, gilt als einer der einflussreichsten und populärsten Stars der deutschen Musikszene. Schon seit Ende der 80er Jahre steht Campino keiner Underground-Punkband mehr vor, sondern füllt die größten Hallen und Stadien nicht nur in Deutschland. „Tote Hosen“-Tourneen führen durch Südamerika, Osteuropa, Australien, Neuseeland und Japan.
Sein Gesicht ist gezeichnet vom bewegten Dasein eines Rockers, der sein Leben auf der Bühne verbracht hat. Und doch ist es irgendwie jungenhaft geblieben: Verschmitzt. Peter Maffay ist gerade 60 Jahre alt geworden und feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bühnenjubiläum. 40 Jahre Rock. Seine musikalischen Erfolge sprechen für sich – die aktuelle CD „Tattoos“ machte Maffay zum erfolgreichsten deutschen Album-Künstler aller Zeiten. Sein 14. Album auf Platz 1 der Charts – 14 Hits aus seiner Karriere hat er dafür neu arrangiert, produziert, mit großem Orchester neu eingespielt. Peter Maffay ist ein Ausnahmekünstler. Für seine musikalischen Erfolge und sein politisches und soziales Engagement hat er bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten, neben zwei Bambis und diversen ECHOs – im März 2010 für sein Lebenswerk – sogar den World Vision Charity Award und den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Der Film begleitet den engagierten Menschen und Künstler Peter Maffay gleichermaßen. Den einen gibt es ohne den anderen nicht, denn mit seiner Musik macht er sein Engagement erst möglich. Zwei seiner prominentesten Weggefährten kommen zu Wort: Nena und Udo Lindenberg. Und es gelingt ein intimer Blick hinter die Studiokulissen bei der Entstehung des Albums. Was alt ist, wird neu arrangiert. Vollblutmusiker unter sich. Jerusalem und Mallorca sind die Stationen des Aktivisten Peter Maffay. Er trifft auf Staatspräsident Schimon Peres, auf traumatisierte Kinder und aktiviert deutsche Politiker für seine Projekte. Ein Mann, der niemals ruht.
Sie macht Spiel- und Dokumentarfilme fürs Kino und fürs Fernsehen, sie schreibt Kurzgeschichten und Romane, sie inszeniert Opern. Und immer mit dem gleichen Anspruch: dass Kunst unterhalten darf. Die Helden und Heldinnen, die ihre Filme wie ihre Bücher bevölkern, haben selten eine schicke Altbauwohnung und öfter Geldsorgen. Sie sind Kellnerinnen, Kassiererinnen, Schäferinnen, Kinobesitzer – oder auch mal Sänger, Hellseher, Aussteiger. Kleine Leute mit großen Sehnsüchten. Doris Dörrie interessieren die existenziellen Dramen, die sich inmitten ganz alltäglicher Situationen abspielen. 1955 wurde sie in Hannover geboren, nach dem Abitur ging sie in die USA und jobbte, 1976 realisierte sie an der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen ihren ersten Dokumentarfilm. 1983 erhielt sie mit ihrem ersten Spielfilm „Mitten ins Herz“ eine Einladung zum Filmfestival nach Tokio – der Beginn ihrer Liebe zu Japan, wo es Dörrie seit dem immer wieder hinzieht. 1985 gelang ihr mit der Komödie „Männer“ ein deutsches Kinowunder. Fünf Millionen Zuschauer gingen ins Kino, Doris Dörrie kam auf das Titelblatt des Spiegel. Ihre Stoffe findet sie überall – in ihrem eigenen Leben, in dem von Freunden und Bekannten. Doris Dörrie verwertet irgendwie alles, was sie erlebt. Charaktere, die in ihren Kurzgeschichten auftauchen, entwickelt Dörrie in ihren Filmen weiter – und nicht selten kehren sie anschließend wieder so ähnlich zurück in die Literatur. Und in allen steckt auch etwas von Doris Dörrie selbst. Wer sich ein Bild von ihr als Person machen will, muss bei den Filmen anfangen.
Er ist einer der ganz Großen auf der Bühne und auch vor der Kamera: Ulrich Tukur, vielfach ausgezeichneter Schauspieler, begabter Musiker, geistreicher Entertainer und mittlerweile auch Schriftsteller. Als Schauspieler liebt Tukur abgründige, zerrissene Figuren, und geht dabei immer auch an seine eigenen Grenzen. Er gab Nazi-Offiziere und Kindermörder, er brillierte als Kirchenmann im Widerstand in „Bonhoeffer – Die letzte Stunde“ oder als RAF-Terrorist Andreas Baader in Reinhard Hauffs Film „Stammheim“. Er war Kurt Gerstein, der zwiespältige Held in SS-Uniform in Costa-Gavras Spielfilm „Amen“ nach Rolf Hochhuths Theaterstück „Der Stellvertreter“. In Hollywood spielte er an der Seite von George Clooney im Science-Fiction-Drama „Solaris“. Grandios sah man ihn als Stasi-Kader im Oscar-prämierten Film „Das Leben der anderen“. Für die Titelrolle des Spielfilms „John Rabe“ erhielt er den Deutschen Filmpreis. Wen immer er verkörpert, seien es Nazioffiziere, Kindermörder oder positive Heldenfiguren: Er tut es niemals mit didaktischem Impetus. Er will keine Botschaften verkaufen, sondern agiert als Vollblut-Schauspieler mit einem leidenschaftlichen Interesse an menschlichen Abgründen. Er ist eine Ausnahmefigur in seinem Metier: ein intellektueller Bauchschauspieler! Darüber hinaus ist er ein fantastischer Entertainer mit einer geradezu anarchischen Spielfreude, wenn er etwa mit seiner Band, den „Rhythmus Boys“, Schmonzetten singt und auf Tour geht. Er ist Gaukler und Workaholic, „ein Hamster im Laufrad“, wie er sich selbst bezeichnet – und damit ein wenig mit seiner Rastlosigkeit kokettiert. Dem Ins-Leben-Geworfen-Sein müsse man etwas entgegensetzen, das größer sei als man selbst, sagt Ulrich Tukur, der manchmal zum melancholischen Philosophieren neigt. In dieser Dokumentation erzählt er, wie und warum er Schauspieler wurde, und dass Kunst und Kreativität seine Überlebensmittel sind. Ulrich Tukur wurde am 29. Juli 1
Sie ist eine Liebhaberin, so versteht sie sich in ihrer Arbeit. Sie liebt, was sie tut. Spielen, inszenieren, singen – für sie ist alles Liebhaberei. Sie ist die mit den Kulleraugen und unter den deutschen Schauspielerinnen zweifellos die komischste. Das Komische hat Katharina Thalbach bei Bertolt Brecht und William Shakespeare gelernt, wie auch die Erkenntnis, dass jede Komödie eine Tragödie in sich birgt und jede Tragödie auch Komik. Sie ist mit beidem aufgewachsen und hat künstlerisch davon profitiert. Prägend für Katharina Thalbachs Leben war von Anfang an das Theater. Das Berliner Ensemble war ihre Kinderstube und die Bühne für ihre ersten, eigenen Erfolge. Mit 15 traute sie sich zu, die Polly in der „Dreigroschenoper“ zu spielen. Aufgewachsen ist Katharina Thalbach in Berlin – in Ost und West. Sie hat das Schicksal der geteilten Stadt am eigenen Leib erfahren – als sie durch den Mauerbau von ihrer Mutter getrennt wurde und als sie 1976 mit ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Dichter Thomas Brasch, die DDR verließ. Im Osten bereits als Filmschauspielerin bekannt, wurde sie 1979 durch Volker Schlöndorffs Oscar-prämierte Literaturverfilmung „Die Blechtrommel“ auch im Westen schlagartig berühmt. Mit einer Shakespeare-Inszenierung in Berlin und mit Brecht in Hamburg begann sie Ende der 1980er Jahre ihre zweite Künstlerkarriere als Theater-Regisseurin, die sie bis heute erfolgreich fortsetzt. Seit 1997 inszeniert sie zudem auch Opern. In Lissabon entstand Thalbachs jüngste Regiearbeit: Im traditionsreichen Teatro Nacional De Sao Carlos inszenierte sie die Johann-Strauß-Oper „Die Fledermaus“.
Helge Schneider ist eine Klasse für sich. Der Begriff „Komiker“ oder „Comedian“ greift in seinem Fall nicht. Aufgewachsen in Mühlheim, zwischen den Schloten und Kneipen des Ruhrgebiets, hat Helge einen ganz speziellen Humor entwickelt, der in jeder Hinsicht seiner Lebenshaltung entspricht: Anarchie im Alltag. Er ist ein Unterhaltungskünstler, der im Unsinn Sinn findet, ein Wortakrobat und virtuoser Musiker – und ein Meister des geordneten Chaos. Geschmacklose Anzüge, scheußliche Brillen und Perücken zu tragen, das mag für andere Verkleidung sein, für Helge Schneider ist es Bedürfnis. Schon als Kind wollte er Clown sein. In seinen Büchern ist sein Alter Ego ein Heiratsschwindler, in seinen Filmen ist er Schlagersänger, Western-Anti-Held oder ein vertrottelter Detektiv. Auf der Bühne lässt er sich Tee kredenzen, und gleichzeitig besingt er Käsebrote und Katzenklos. Die große Geste und der Brotaufstrich, Quatsch und Ernst gehen in seinen Programmen und seinem Leben erstaunliche Allianzen ein. Das Komische daran ereignet sich am Rande. Peinlichkeiten und Ungereimtheiten sind Helges Rohstoff, mit dem er auf Umwegen alles kommentieren kann, was ihm gerade in den Sinn kommt: Politik, gesellschaftliche Haltungen, die Medien, Wunsch- und Fantasiewelten. Er stellt die Sprache auf den Kopf wie ein Kind, das hinter den wohlgesetzten Bedeutungen immer noch mehr sieht. Mit einer Unzahl von Instrumenten, die er alle beherrscht, verleiht er dem Wahnsinn der Welt Klang. Der Film begleitet Helge Schneider zu Hause und auf seiner aktuellen Tour „Komm hier haste ne Mark“ quer durch die Republik. Kaum ein Künstler reizt seine Freiheit so hemmungslos aus wie er; Routine ist ihm ein Graus. Mit Hunden, Kindern und einem engen Kreis von Mitarbeitern, die gleichzeitig Freunde sind, ist er im Wohnmobil auf Tour. Familienleben und Auftritt, Privates und Bühne trennt er kaum; zwischendurch werden die Hunde gefüttert und die Kinder gewickelt.In der Garderobe tele
Schauspielerisches Ausnahmetalent, Objekt sexueller Begierden, politische Aktivistin, Diva, Charakterschauspielerin – Senta Berger ließ sich nie auf eine Rolle festlegen und blieb sich dennoch treu. Ob deutsches 50er-Jahre-Kintopp, bombastisches Hollywood-Epos oder ernstes Polit-Kino, immer wusste sie instinktiv, wofür und wogegen sie sich entschied – zuweilen um den Preis des beruflichen Nachteils. Alle Film-Genres hat sie ausprobiert, daneben synchronisiert sie, hält Lesungen, ist Produzentin. Rollen in „Es muss nicht immer Kaviar sein“, „Babeck“, in Helmut Dietls Fernsehserie „Kir Royal“ oder in Michael Verhoevens „Die schnelle Gerdi“ haben sie berühmt gemacht. Heute, mit 70, ist sie im deutschsprachigen Kino und Fernsehen präsent wie nie zuvor.Dass sie eine internationale Karriere vorweisen kann, die sie bis nach Hollywood führte, wo sie an der Seite von Kirk Douglas oder Richard Widmark spielte, wissen heute nicht mehr viele. Hierzulande erinnert man sich eher an eine Aktion des Magazins „Stern“ mit dem Titel „Ich habe abgetrieben“, an der sie 1971 teilnahm und sich als kämpferische und politisch denkende Frau zu erkennen gab. Geprägt ist sie von den einfachen Wiener Verhältnissen, aus denen sie stammt. Bis heute scheint ihr Erfolg nicht selbstverständlich. Ihr Vater Josef Berger hatte die Musikhochschule besucht, sein Talent jedoch nicht zum Beruf machen können, da er den kleinen elterlichen Handwerksbetrieb übernehmen musste. Er war es, der der jungen Senta die Liebe zur Bühne vorlebte. Dem Vater hat sie unlängst ein Denkmal gesetzt, als sie im März auf der „Litcologne“ einen berührenden Text über ihn und seinen Niedergang vorlas.
Seit Jahrzehnten ist der deutsche Schriftsteller eine Instanz – obwohl er von der Kritik oft verrissen wurde. Und Grass ist keiner, der leicht einsteckt: „Nein, an vernichtende Kritiken gewöhnt man sich nie, das verletzt mich tief. Was soll ich machen, ich arbeite einfach viel oder schreibe Gedichte, das macht es leichter.“ „Ich bin Schriftsteller, Bildhauer, Grafiker“, sagt Günter Grass, „und dann habe ich noch einen Beruf: Nobelpreisträger – daran werde ich immer mal erinnert.“ Heute schleppen Literaturbegeisterte schwere Reisetaschen mit Büchern zu seinen Lesungen und legen ihm sein ganzes Lebenswerk zum Signieren vor: Den „Butt“ und „Hundejahre“ oder „Treffen in Telgte“. Der 83-Jährige zeichnet für seine Leser geduldig sein kunstvoll erdachtes Autogramm in jedes Buch. Bei ihm gibt es „aschgraue Ehejahre“, einen „summenden Garten“ oder „blindgescheuertes Dielenholz“. Grass, der große Wortmaler, ist einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller, seit er mit 32 Jahren sein Roman-Debüt „Die Blechtrommel“ veröffentlicht und damit für ein literarisches Erdbeben gesorgt hat. Das Buch ist Sensation und Skandal zugleich, der Autor wird verteufelt und bejubelt. Es macht ihn und seine Figur, den trommelnden Oskar, über Nacht berühmt.
Mit drei Jahren macht der Sohn eines deutschen Juristen und einer amerikanischen Primaballerina seine ersten Versuche auf der Geige. Der Vater, selbst ein passionierter Violinist, wird sein erster strenger Lehrer. Als Zehnjähriger gilt David in Klassik-Kreisen als Wunderkind und steht bereits mit den Hamburger Philharmonikern auf der Bühne, wenig später mit Yehudi Menuhin. Bis heute ist er der jüngste Künstler, den die Deutsche Grammophon je exklusiv unter Vertrag genommen hat. Der Dirigent Zubin Mehta prophezeit dem zwölfjährigen David eine internationale Karriere und nennt ihn den größten Violinisten seiner Generation. Doch David Garrett weicht von der vorgezeichneten Laufbahn ab. Er ist 17, als er seine Leidenschaft für die Musik verliert. Von einer Sinnkrise gepackt fühlt er sich fremdbestimmt, gedrängt in ein Leben außerhalb seiner Generation. Gegen den Willen der Eltern und seiner Plattenfirma zieht er nach dem Abitur nach New York, um eigene Wege zu gehen. Das Studium an der renommierten Juilliard School of Music finanziert er sich selbst. Hier erkennt er endgültig, dass er sich ein Leben ohne Geige und Musik nicht vorstellen kann. Die eigene Jugend entdecken heißt für ihn, sich auch musikalisch auszuleben. Seit fünf Jahren tourt David Garrett ununterbrochen um den Globus und wird vom Publikum wie ein Rockstar gefeiert. Mit 31 Jahren hat er erreicht, woran viele gescheitert sind: den künstlerischen Spagat zwischen Klassik und Rock auf der Geige – Cross Over Musik. Garrett liebt Metallica und Michael Jackson mit derselben Hingabe wie Mozart, Beethoven und Tschaikowsky. Er ist ein virtuoser Grenzgänger zwischen zwei Welten, die vielen als unvereinbar gelten.
Kauzig, leidenschaftlich, mit snobistischer Attitüde – so lieben Millionen Fernsehzuschauer Jan Josef Liefers. In der Rolle des Rechtsmediziners Prof. Boerne erobert der Schauspieler in ganz Deutschland die Herzen des Publikums. Seit 2002 löst er zweimal im Jahr mit seinem Kollegen Axel Prahl die kniffeligsten Fälle. Doch der 1964 in der DDR geborene Künstler kann mehr als Spuren lesen. Als Sohn einer Schauspielerin und eines Regisseur ist er schon familiär geprägt ein kreatives Multitalent: „Wenn meine Mutter gespielt hat, bin ich sofort nach der Schule ins Theater gerannt.“ Die Welt des Theaters inspiriert den Jungen und wird für ihn zur schützenden Nische vor der Enge und den Übergriffen der DDR Diktatur – zum Beispiel als er sich weigert, zur Armee zu gehen. „Letztlich war das auch für mich so instinktiv der richtige Weg. Ich wäre sonst alle drei Meter kollidiert mit jemandem.“Wir erleben den außergewöhnlichen Künstler auf dem Höhepunkt seines Erfolges: viel beschäftigt und intensiv. Natürlich besuchen wir die Dreharbeiten eines neuen „Tatorts“ mit dem Arbeitstitel „Sansibar“, der im Herbst 2011 in der ARD zu sehen ist. Dort erleben wir den Schauspieler als Profi, der pointiert seinen Text gestaltet und ganz nebenbei 100 Statisten zum Lachen bringt. Am Schillertheater in Berlin treffen wir auf einen Schauspieler, der die Intensität der Theaterbühne sucht. In der kleinen, feinen Inszenierung „Wissen Sie, wie man Töne reinigt? Saties-Factionen“ von Jürgen Flimm stellt sich Jan Josef Liefers rund 80 Minuten lang hautnah dem Publikum in der Intimität einer Probebühne. Wenn wir ihn nach dem Auftritt allein in der Maske beobachten, offenbart der Film, was für ein Kraftakt hinter der scheinbaren Leichtigkeit seines Auftrittes steht. Die Dokumentation zeigt Jan Josef Liefers in seinen spannendsten Filmen wie „Knockin’ on Heavens Door“, „Das Wunder von Lengede“ oder „Die Nachrichten“. Und in ganz unterschiedl
Sie schenkt jeder Figur etwas von sich. Der unberührbaren Diva, der berührenden Ehefrau, der störrischen Kratzbürste. In ihrer Sinnlichkeit ist sie immer unverwechselbar Hannelore Elsner, die jetzt 70 wird und im deutschen Kino und Fernsehen so präsent ist wie nie zuvor. Alle Filmgenre hat sie ausprobiert: die Kinokomödie „Alles auf Zucker“, die Tragikomödie „Kirschblüten-Hanami“, das Melodram „Die Unberührbare“. Für jede dieser Rollen wurde sie nicht einfach nur besetzt, sondern hat Regisseure dazu inspiriert, sie ganz auf ihre Person zuzuschneiden. Ihr Kino-Comeback im Jahr 2000 mit fast 60 Jahren als „Die Unberührbare“ (Regie: Oskar Roehler) bringt die Anerkennung als Charakterdarstellerin. Sololeistungen liegen ihr: Der Schriftsteller Bodo Kirchhoff legt ihr einen 90-minütigen Monolog in den Mund, den sie in „Mein letzter Film“ in die Kamera erzählt, als sei es ihre eigene Lebensbeichte. In ihrer Autobiografie „Im Überschwang“ schreibt sie über sich als Schauspielerin: „Man braucht das Gefühl, dass man richtig angeschaut wird, liebevoll, auch zärtlich, auch erkennend, kritisch und sezierend. Das hat etwas mit einem ganz großen Vertrauen zu tun.“ Im oberbayerischen Burghausen aufgewachsen, beginnt Hannelore Elsner gleich nach der Klosterschule in München Theater zu spielen, erst Volkstheater, dann bei den Kammerspielen. Vom Fleck weg wird sie für den Film entdeckt, in einer ihrer ersten Kinoproduktionen, „Die endlose Nacht“ (1963), spielt sie ein Starlet. Der Autorenfilmer Will Tremper lässt sie improvisieren, die Kritik ist begeistert. Sie taucht noch einige Male in Opas Kino auf, bekommt eine Zeitlang nicht die Rollen, die sie gerne gespielt hätte. Als sie in den 90ern in der ARD-Serie als „Die Kommissarin“ Lea Sommer in Stöckelschuhen daherkommt, hat sie sich neu erfunden. Und wieder scheint diese Rolle wie für sie gemacht. Hannelore Elsner mag den Flirt mit der
Schauspieler zu sein ist für ihn sein Traumberuf. Und das, obwohl sich Matthias Brandt selbst nicht so wichtig nimmt. In seinen Blicken, Gesten und in seiner Sprache schwingt etwas Verstörendes mit, ein Rest Geheimnis, das nachhaltig in Erinnerung bleibt. Eindringlich verkörpert er die Figur des Kommissars Hanns von Meuffels im Münchner „Polizeiruf 110“ als jemand, der an Werte glaubt, gute Manieren hat und dabei trotzdem lässig ist. Für diese Rolle wurde er 2012 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet und vom Publikum frenetisch bejubelt, und die Presse bezeichnet ihn als „extrem humorbegabten, aber eher leisen und störrischen“ Schauspieler. Dass Matthias Brandt im wirklichen Leben auf der Straße nicht gleich erkannt wird, ist dem gebürtigen Berliner ganz recht, weil er lieber ungestört durch seine Heimatstadt radelt. Was es heißt, bekannt zu sein, weiß er als jüngster Sohn der Eltern Willy und Rut Brandt nur zu gut. Kurz vor dem Mauerbau 1961 im Westen der Stadt geboren, ist er erst zwölf, als sein Vater 1974 als Kanzler zurücktreten muss. Damals ist der Sohn mehr an der Fußball-Weltmeisterschaft als am politischen Schicksal des Vaters interessiert. Brandt studiert Schauspiel in Hannover, und als er ab 1986 auf den deutschsprachigen Bühnen von Bochum bis Zürich auftritt, ist oft auch seine Mutter Rut unter den Zuschauern. Als große Inszenierung hat er schon als Kind den Kanzlervater, Wehner, den er „Onkel Herbert“ nannte, und die Bonner Politprominenz erlebt. Er selbst war Teil dieser Inszenierung. Ironie der Geschichte ist, dass er seinen Durchbruch als Filmschauspieler ausgerechnet seinem Vater verdankt, als er in „Schatten der Macht“ (2002) die Rolle des Kanzler-Verräters Günter Guillaume übernimmt, ganz gegen den Willen der Genossen. Aber Matthias Brandt will, muss denjenigen spielen, der den Vater so glaubwürdig getäuscht hat. Eine Entscheidung, die er heute als Akt der Selbstbefreiung bezeichnet. „Mein Vater ist
Der 40-jährige Trompeter Till Brönner ist heute der bekannteste und kommerziell erfolgreichste Jazz-Musiker Deutschlands. Sein technisch perfektes, unterkühlt-gefühlvolles Spiel und sein sanfter Gesang erinnern an den legendären Amerikaner Chet Baker. Zahlreiche Auszeichnungen belegen das, darunter wiederholt der deutsche „Echo“ und zwei Nominierungen für den „Grammy-Award“. Brönner hat sich mit seinen Tourneen und Gastauftritten unter Jazzfreunden im In- und Ausland einen Namen gemacht. Weltstars wie Carla Bruni, Annie Lennox, Aimee Mann oder der Brasilianer Sergio Mendes musizieren mit ihm und sind auf seinen mittlerweile 13 CDs zu hören.
Er liebt die Tonsprache der deutschen Romantiker, den dunklen „deutschen Klang“, dem er dirigierend nachspürt. Christian Thielemann hat sich ganz dem deutschen Repertoire verschrieben, gilt vielen als „der“ Wagner-Dirigent der heutigen Zeit, seit er im Jahr 2000 mit den „Meistersingern“ sein Debüt auf dem Grünen Hügel in Bayreuth gab. Sein Stil ist weltweit anerkannt, er ist derzeit der international gefragteste Dirigent Deutschlands mit Gastauftritten von Mailand bis New York. „Gloriously unfashionable“, herrlich unmodern, nannte ihn ein britischer Kritiker einmal.
„Der Künstler ist das Beste, Schönste und Großartigste, was die Gesellschaft hat“, sagt Markus Lüpertz, der sich selbst gerne auch als „Genie“ bezeichnet. Sein opulenter Lebensstil, seine egozentrische Sprache und sein selbstbewusstes Auftreten machen ihn zum „Malerfürsten“ par excellence. Rastlos pendelt der Maler und Bildhauer, Lehrmeister und Freigeist zwischen seinen beiden Ateliers in Düsseldorf und Berlin-Teltow, dem Familienwohnsitz seiner Frau und den drei jüngsten Kindern in Karlsruhe und der Toskana. Sein Alter merkt man dem 71-Jährigen kaum an; mit täglichem Boxen hält er sich fit und arbeitet jeden Tag an mehreren Kunstwerken gleichzeitig. Seine emotionale Seite kann er am besten in seiner Lyrik und am Klavier ausdrücken. Häufig improvisiert er mit befreundeten Jazzmusikern bei Ausstellungseröffnungen am Flügel.
Sie ist eine der bekanntesten deutschen Schriftstellerinnen. Seit vielen Jahren macht die Nobelpreisträgerin Herta Müller mit großer Freude Spiele mit Worten – absurde, witzige, beklemmende Kollagen auf Pappkartons, für sie die sinnlichste Form des Schreibens. Das Wortkleben ist jedoch nicht nur ein Spaß, bei dem man sieht, was alles nicht klappt, sondern auch eine Flucht. Eine Beschäftigung, um von sich selbst wegzukommen und den Zugriffen des Literaturbetriebs. Den Star, der sie jetzt aus Sicht der anderen ist, hält sie für eine bloße Zuschreibung. „Innerlich ist das bei mir nie angekommen.“ Grundthema all ihrer Romane ist die Auseinandersetzung mit einem diktatorischen Regime, das den Menschen ihre Würde raubt. Eine Erfahrung, die sie als Deutsch-Rumänin zur Zeit des Ceausescu-Regimes selbst fast zerbrechen ließ. 1953 wurde sie im Banat, in dem kleinen Ort Nitzkydorf geboren, wo die banatschwäbischen Einwohner die eigene NS-Vergangenheit nie aufgearbeitet haben, und wo die deutschsprachige Bevölkerung die Vorurteile gegenüber Ungarn, Rumänen und Zigeunern ebenso pflegte wie ihre schwäbische Tracht. „Versteint“ nennt Herta Müller deswegen ihr Heimatdorf. Ihr erstes Buch „Niederungen“ erzählt von diesem verwunschenen Ort und ihren schmerzhaften Kindheitserlebnissen. Schreiben als Zumutung und Bewältigung an einem gottverlassenen Ort, das ist Herta Müllers Überlebensstrategie bis heute. Für „Deutschland, deine Künstler“ gewährt die medienscheue Schriftstellerin sehr persönliche Einblicke in ihr Wohnzimmer, bevölkert mit Worten und Wortschnipseln, wohin man blickt. Der Film begleitet Herta Müller auf Reisen nach Stockholm, beobachtet sie im Umgang mit dem kräftezehrenden Betrieb auf der Frankfurter Buchmesse, auf Lesereise in Krakau, in Berlin, wo sie heute lebt. Wochenlang durchstöbert sie ihre Securitate-Akte in Bukarester Archiven, drei ganze Ordner voll Abhöraktionen, Verleumdungskampagnen, Psychoterror. Am Ende de
Aus jeder seiner Rollen macht er ein großes Schauspiel, man könnte auch sagen ein brandauerhaftes Spiel. Dass Klaus Maria Brandauer immer nur sich selbst spiele, wie es heißt, ist für ihn kein Vorwurf, sondern das Natürlichste der Welt. Gebrochene und komplexe Charaktere der großen Klassiker sind seine Lieblingsrollen, die er mit Bubencharme und Zwielichtigkeit versieht. Als „Mephisto“ kam der große Durchbruch im Film, den langersehnten Hamlet am Wiener Burgtheater spielt er erst mit 43. Zu dieser Zeit besetzte ihn Hollywood als hochintelligenten Bösewicht in Filmen wie „James Bond – Sag niemals nie“ oder als unwiderstehlichen Fiesling in „Jenseits von Afrika“. In Deutschland spricht man schon immer gerne von seinem Größenwahn, mit dem er selbst jedoch ganz gut leben kann. „Ich habe überhaupt nichts dagegen, überschätzt zu werden. Ich lade alle dazu ein, es weiter zu tun.“ Auch selbst zu inszenieren, hat sich Brandauer zugetraut. Für Brechts „Dreigroschenoper“ hat er 2006 den Punkrocker Campino besetzt, damit einen Publikumserfolg gelandet und trotzdem Kritikerdresche bekommen. Brandauer bezeichnet es in „Deutschland, deine Künstler“ als sein Waterloo, über das er heute mit Humor sprechen kann. Seinen idealen Regisseur findet er spät in Peter Stein, da sich der selbstbewusste Steirerbursch und der strenge Preuße privat wie künstlerisch auf Augenhöhe begegnen. Der textgenaue Umgang mit Klassikern ist beiden heilig. Seit dem zehnstündigen „Wallenstein“-Marathon 2007 sind sie gemeinsam erfolgreich und unzertrennlich. In Becketts „Das letzte Band“ spielt Brandauer zur Zeit die Solorolle des alten Zausel Krapp, der 70 wird und Rückschau hält. Im Sommer 2013 ist er selbst 70 geworden. „Deutschland deine Künstler“ begleitet ihn ans Wiener Burgtheater, wo er, Ehrenensemblemitglied auf Lebenszeit, im Clownskostüm als Krapp auf der Bühne gefeiert wird und seine Rührung kaum verbergen kann. Filmautorin Johanna Sc
Ausgerechnet er hat erreicht, was viele vor ihm versucht hatten: „soulig, farbig, gläubig“ mit deutschsprachiger Musik zum erfolgreichsten Sänger Deutschlands zu werden. Jedes seiner Soloalben war ein Nummer-eins-Hit, „Der Spiegel“ nannte ihn den „Jesus der Hitparaden“. Das „deutsche Sommermärchen“ der Fußball-WM 2006 ist mit dem Naidoo-Song „Dieser Weg“ untrennbar verknüpft – ein Lied, das die Nationalelf immer gehört und mitgesungen hatte. Die Verbundenheit mit seinem Land, mit Deutschland, ist für Xavier Naidoo, Sohn eines Vaters mit indischen Wurzeln und einer Südafrikanerin, genauso selbstverständlich wie das Bekenntnis zu seiner Heimatstadt Mannheim, die er mit fast schon rührender Liebe besingt. Sein emotionales Bekenntnis zu Deutschland drückt Xavier Naidoo in seinen Texten aus: Kaum ein Sänger geht so lustvoll und spielerisch mit den Worten der deutschen Sprache um. Der Film zeigt, wie ein Liedtext aus einer kleinen Tonidee entsteht, zeigt die Zusammenarbeit von Xavier Naidoo mit seinem engsten Freund Michael Herberger im Mannheimer Studio. Er zeigt, welches Netzwerk an jungen Musikern die beiden um sich herum geschaffen haben, wie sie sich damit gänzlich autark machen konnten für jede Art von musikalischen Projekten. Die Kamera begleitet ihn auf die Bühne eines großen Open Air-Konzerts vor den Toren seiner Heimatstadt, wo Zehntausende seine Lieder mitsingen. Sie hält aber auch seine Spontaneität fest, aus festgefahrenden Bahnen und übervollen Terminkalendern auszubrechen. Es ist wie ein ständiges Bemühen, sich nicht als „Popstar“ in einer Rolle festzulegen – davon singt er auch, als Rapper-Duo XAVAS mit Kool Savas, als Dup-Step-Solist „Der Xer“. „Deutschland, deine Künstler“ ist dabei, wenn er mit ein paar Musikerfreunden in einem Bus mit aufklappbarer Bühne aufbricht, um kostenlose Straßenkonzerte zu geben – egal wo, egal wer kommt. „Ein Gipsyleben“, sagt er, das er liebt und das er immer w
Das Erfolgsgeheimnis des Modedesigners liegt in seiner Persönlichkeit selbst begründet: Wie kaum ein anderer verbindet er Geradlinigkeit und preußische Energie mit französischem Sinn für Schönheit. Diese Mischung ergibt den unverkennbaren Joop-Look. Alle Entwürfe entstehen per Hand, die sein Team in Schnitte umsetzt. Das wichtigste Ausdrucksmittel für seine Kreativität ist eben das Zeichnen: „Es ist die wahrhaftigste, schnellste und kommunikativste Kunst, die ich beherrsche“, sagt Joop. Mit dem Label JOOP! gelang ihm als einer der wenigen Deutschen der internationale Erfolg, mit der Gründung des exklusiven Labels „Wunderkind“ vor zehn Jahren erfüllte er sich einen Traum. Als dieser Traum aus finanziellen Gründen zu platzen drohte, glückte ihm in letzter Sekunde die Rettung. Obwohl er aus dieser Krise erfolgreich hervorgegangen ist, reicht ihm das Kreieren von Modekollektionen nicht mehr. Mit exotischen Stilleben, aber auch mit Skulpturen und Textilstickereien arbeitet er seit einigen Jahren eisern daran, sich in Museen und Galerien auch als bildender Künstler einen Namen zu machen. Seine preußischen Wurzeln werden mit zunehmendem Alter immer wichtiger für den Designer. Eine enge Verbindung hat Joop zu der Gemäldegalerie Friedrich des Großen und dem von Goldskulpturen umstellten chinesischen Teehaus im Park von Sanssouci. Die außergewöhnliche Mischung aus Opulenz, Exotismus und Klassik, aus Verspieltheit und Strenge, faszinierte Joop schon als Kind und inspiriert ihn bis heute. Von seiner Potsdamer Villa aus, wo er mit Lebensgefährte Edwin Lemberg und den zwei Hunden lebt, arbeitet er an den neuesten Kollektionen und Kunstwerken. Wie dicht Künstler und Privatperson bei Wolfgang Joop beieinander liegen, zeigt sein Ringen mit den Höhen und Tiefen des künstlerischen Schaffens und die kleinen Fluchten aus dem Künstler-Alltag. „Deutschland, deine Künstler“ begleitet Joop Schritt für Schritt während des kreativen Schaffens seiner neu
Er gehört zu den bekanntesten Menschen auf diesem Planeten. Man nennt ihn auch „Karl der Große“. Kein lebender Modeschöpfer, geschweige denn ein deutscher, wird weltweit so gefeiert wie Karl Lagerfeld. Für seine Mode genauso wie für seine Person. Nahezu jeder weiß, was er macht, doch man weiß nur wenig über den Menschen Karl Lagerfeld. Was ihn antreibt, wie er hinter der Fassade arbeitet und was er hinter der Maske aus Zopf und Brille denkt und fühlt, bleibt weitestgehend verborgen. Lagerfeld wahrt nicht nur auf sehr unterhaltsame Weise Distanz zu allem um ihn herum, sondern auch zu sich selbst. Seine bissigen Kommentare, die die Medien gerne aufgreifen, sind berüchtigt wie gefürchtet, und auch da spart Lagerfeld sich selbst keineswegs aus. Das Bild, das er von sich geschaffen hat, ist Teil einer Marketing-Strategie wie die Aussage „Ich heiße inzwischen nicht mehr Lagerfeld, sondern Logofeld“ selbstironisch zu erkennen gibt. Schon ernster, bestätigt er: „Zwischen mir und dem Rest der Welt steht eine Glaswand.“ Der Film durchbricht diese Glaswand und sucht den Menschen hinter der ikonischen Fassade, indem er einerseits Lagerfelds bekannte Show-Seite zeigt, um andererseits die unbekannten, intimen Momente zu entdecken. Der Film führt durch das Turbo-Leben dieses vielseitig Kreativen. Lagerfeld tritt als Künstler vieler Medien, ob Bilder, Fotografien, Buchkunst oder Videos in Erscheinung. Seinem Werk werden Ausstellungen gewidmet. Man kann ihn im Film zur Vernissage seiner Kunstschau im Essener Museum Folkwang als gefeierten Popstar erleben, als Instanz bei den hektischen Vorbereitungen seiner Shows sowie bei Fotoshootings in Paris. Lagerfeld ist auch mit über 80 Jahren noch ein Arbeitstier, er entwirft ständig, Pausen oder gar Auszeiten kennt er nicht. Meist vom Morgengrauen bis zum späten Vormittag entstehen Modeentwürfe für CHANEL, Fendi und seine eigene Marke KARL, aber auch Designs für Alltagsdinge. Als er als Jüngling 1950 in ein
Norddeutsch, mürrisch, spröde – so lieben die „Tatort“-Zuschauer den Kieler Hauptkommissar Klaus Borowski. Seit mehr als zehn Jahren spielt Axel Milberg (57) den kauzigen Ermittler von der Ostsee, erfolgreich und authentisch – kein Wunder, denn Milberg ist in Kiel geboren und aufgewachsen. Und so steckt in der Rolle des Borowski eine ganze Menge Milberg – oder ist es etwa umgekehrt? Trefflich diskutieren in der Dokumentation Axel Milberg und der Drehbuchautor Sascha Arango nicht nur über diesen Punkt. Axel Milberg wuchs wohlbehütet auf als Sohn einer Ärztin und eines Rechtsanwaltes. Er ging aufs Gelehrtengymnasium, war ein ordentlicher Schüler – und wollte doch immer ausbrechen aus dieser heilen Welt. Doch erst nach dem Abitur zog er aus der norddeutschen Provinz in den Süden, nach München, und lernte dort an der renommierten Otto-Falkenberg-Schule die Schauspielkunst. 17 Jahre lang – von 1981 bis 1998 – war Milberg Mitglied im Ensemble der Münchner Kammerspiele unter Regisseur Dieter Dorn und avancierte zum Bühnenstar. Doch dann wurde ihm die Theaterwelt zu eng, er brauchte Veränderung, ging zum Film und spielte seither in zahlreichen Erfolgsfilmen („Nach fünf im Urwald“, „Was geschah am helllichten Tag“, „The International“, „Feuchtgebiete“). Milberg ist heute eine feste Größe in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft, dreht nahezu ununterbrochen. Für den NDR steht er nicht nur regelmäßig als „Tatort“-Kommissar vor der Kamera, sondern übernahm auch die Hauptrollen in den Fernsehproduktionen „Eine mörderische Entscheidung“, „Der Liebling des Himmels“. Wie kaum ein anderer verkörpert er den undurchschaubaren, tiefgründigen Deutschen. Dabei hat Milberg durchaus den Schalk im Nacken, ist voller Witz und Ironie. Filmautor Tom Ockers zeigt auch diese unbekannte Seite von Axel Milberg. Die Dokumentation begleitet den „gefährlich intelligenten Milberg“ (Sascha Arango) bei aktuellen Dreharbeiten für
Punk-Diva, bad girl, „Katharina die Große“. An Nina Hagens Person scheiden sich zuweilen die Geister, als Musikkünstlerin ist sie eine Instanz. Sie hat den deutschen Punk ins Leben gerufen und die Neue Deutsche Welle losgetreten. Ein Musikmagazin stellte einmal die rhetorische Frage, ob Nina Hagen der bedeutendste Beitrag zur deutschen Popgeschichte seit Bertolt Brecht sei. Anfang der 70er Jahre singt Katharina Hagen – sie hat eine Operngesangsausbildung und vier Oktaven Stimmumfang – bereits mit eigener Band in der DDR. Mit 19 hat sie einen ironischen Sommerhit: „Du hast den Farbfilm vergessen“ trifft den Nerv des Publikums und stellt vor allem ihr komödiantisches Talent unter Beweis. Ihr Kontakt zu Dissidenten gilt als politisch pikant, sie reist mit ihrer Mutter Eva Maria Hagen und Ziehvater Wolf Biermann 1976 aus. In Westberlin angekommen, gründet sie die „Nina Hagen Band“. Sie singt mit unvergleichlicher Stimme und provokanten Gesten über Drogentrips, Selbstbefriedigung, lesbische Liebe und Abtreibung in „Unbeschreiblich weiblich“ und „Am Bahnhofzoo auf dem Damenklo“. Hagen mischt die deutsche Frauenbewegung auf und sorgt bei Auftritten in Fernseh-Talkshows für Kontroversen, was ihr bei Presse und Publikum den Ruf der Skandalnudel einbringt. Für ihre Fans, ihre Musiker- und Künstlerkollegen und für Frauen verschiedener Generationen bleibt sie davon unberührt ein Vorbild. Aus der Künstlerin in Punkkluft ist längst eine international bekannte Kultfigur geworden. In den 80er Jahren lebte sie vorwiegend im Ausland, zieht ihre beiden Kinder Cosma Shiva und Otis alleine groß, begibt sich auf Sinnsuche. Seit einigen Jahren ist Nina Hagen Schirmherrin eines Vereins zum Schutz vor Missbrauch in der Psychiatrie. Über private Turbulenzen sowie ihr Bekenntnis zu Jesus spricht Nina Hagen im Interview ebenso wie über ihr Image, ihre christliche Sinnsuche schon zu DDR-Zeiten, über ihr gesellschaftliches Engagement und den wechselvollen
Sein Album „Große Freiheit“ sprang von Null auf Platz eins und blieb dort monatelang. Damit hatte er den Rekord von Herbert Grönemeyer geknackt. Der Graf ist ein Phänomen, seine Erfolgsgeschichte vom Akustiker zum Soundkünstler ist eine, wie sie in Deutschland nur selten glückt. Als Frontmann und Gründer der Band Unheilig hatte er in den letzten Jahren große Auftritte in Folge. Seine Markenzeichen: ein Pseudonym, eine markant tiefe Stimme, ein melancholischer Synthie-Sound. Der Graf hat eine Besonderheit: Er versteckt sich, denn sein Privatleben ist ihm heilig. In seiner Musik stecke alles von ihm, auf diese, nicht auf seine Person, sollten sich seine Fans konzentrieren. Der Graf lebt völlig zurückgezogen in einem kleinen Aachener Vorort, wo er geboren wurde – so viel ist mittlerweile bekannt. Auf der Bühne lebt er sich aus; auch nach der Show ist er noch lange für seine Fans da. Aber dann kommt der Rückzug aus Angst, sich unkontrolliert zu zeigen. Seit seiner Kindheit ist er Stotterer, was er lange verheimlichte. Auf der Bühne ist das kein Problem, da fühlt er sich befreit. Inzwischen hat er sich von dem Druck befreit, das Stottern öffentlich gemacht. Mit Heimorgel und Drumcomputer komponiert er, um als Berufsmusiker Filmmusiken zu arrangieren. Den Eltern zuliebe wird er Zahntechniker, verpflichtet sich bei der Bundeswehr, schickt seine Songs an diverse Plattenfirmen, macht eine Lehre als Hörgeräteakustiker. 1999 beginnt Der Graf endgültig seine Karriere als Berufsmusiker, findet sein Management, das ihn bis heute begleitet. Man verpasst ihm das Image eines düsteren Vertreters der Gothic-Szene und Der Graf entwickelte seine Bühnenfigur. Kahl rasierter Schädel, schwarze Kleidung, dreieckige Bärtchen und furchterregende, weiße Kontaktlinsen. Heute sollen ihm die Fans in die Augen schauen können; er will ihnen näher sein und hat das schwarze Bühnenoutfit gegen einen Gehrock ausgetauscht. Die Songs – mal hart, mal soft – streifen imm
Nach 50 Dienstjahren „Didi“ als Komiker der Nation, hat Dieter Hallervorden mit 80 Jahren erreicht, was er in Wahrheit schon immer wollte: die Anerkennung als Charakterdarsteller. Mit seiner Komik brachte er die Deutschen vor dem Fernseher zum Lachen, als Schauspieler rührt er sie im Kino zu Tränen. Als Marathonläufer Paul stellte er in „Sein letztes Rennen“ ein Altersheim auf den Kopf, in Til Schweigers Demenz-Drama „Honig im Kopf“ erreichte er zuletzt ein Millionenpublikum. Endlich konnte Hallervorden zeigen, was er selten durfte: die Verbindung von Komik und Tragik mit Seelentiefe, etwas, das in Deutschland nur selten gelingt. Für die jungen Kinogänger ist er eine Entdeckung; für sein angestammtes Publikum, das ihn aus Comedy-Fernsehserien in Erinnerung hat, eine Überraschung. Was ihn als Didi in „Nonstop Nonsens“ unverwechselbar machte, war seine körperbetonte Komik, seine Grimassen und seine gewollt unbeholfene Gestik. Doch nur vordergründig komisch zu sein – das war ihm, was seine Fans kaum ahnten, nie genug. In Dessau geboren, geprägt durch Nachkriegszeit und sozialistischen Alltag, packte ihn der schauspielerische Ehrgeiz. Von Schauspielschulen abgelehnt, gründete er sein eigenes Kabarett, „Die Wühlmäuse“. Weil er dafür Geld brauchte, ging Hallervorden ins Fernsehen und wurde mit seinen Sketchen populär. Doch Hallervorden suchte nach anderen Rollen. Heute sagt er: „Ich wollte zu neuen Ufern.“ Dazu gehört auch die Rolle des Theaterdirektors: 2008 übernahm er das traditionsreiche Schlossparktheater in Berlin Steglitz. Hallervorden sanierte es auf eigene Kosten und stellte ein frisches Bühnenprogramm nach eigenem Geschmack zusammen, trotz aller unternehmerischen Risiken. Dennoch: ein Traum für einen Menschen mit einem so ausgeprägten Willen zur künstlerischen Gestaltung wie Dieter Hallervorden. In „Deutschland, deine Künstler“ zeigt er sich als eigensinniger, freiheitsliebender, nicht immer einfacher Charakter
Moritz Bleibtreu gehört zu den jüngeren Schauspielern, die dem deutschen Kino ein Gesicht geben. Vor allem das junge Publikum kennt und liebt ihn für seine lockere, coole Art und sein Talent, als Charakterdarsteller zu gelten und dennoch lustig zu sein. Besonders für seine ernsteren Rollen hat er Filmpreise bekommen – „Elementarteilchen“, „Im Juli“, „Das Experiment“ und „Der Baader Meinhof Komplex“. Sein Metier ist das Kino – und manchmal kann er sich so dafür begeistern, dass ihm auch kleine Rollen genügen. In internationalen Produktionen hat er mitgespielt. Wenn die Filme nicht in die deutschen Kinos kamen, hat es hierzulande keiner mitgekriegt. Moritz Bleibtreu sucht sich die Filme genau aus. Damit er sich das leisten kann, macht er auch Werbung und steht dazu. Selbst wenn ihn wegen der McDonalds-Werbung vor ein paar Jahren ein Shitstorm in den sozialen Medien überzieht. Moritz Bleibtreu stammt aus einer Schauspielerfamilie. Den Vater Hans Brenner hat er zwar nie wirklich kennengelernt, doch seine Mutter, die Schauspielerin Monica Bleibtreu, hat ihm erzählt, wie sehr er ihm ähnelt. Ein Großvater und eine Urgroßmutter waren leidenschaftliche Theaterschauspieler. Moritz, der allein mit seiner Mutter in Hamburg aufwuchs, ist quasi hinter den Kulissen groß geworden, kann heute allerdings nur noch wenig mit Theater anfangen. Die Autorin Ulrike Bremer hat Moritz Bleibtreu und die inzwischen verstorbene Monica Bleibtreu bei einem ihrer letzten Zusammentreffen erlebt und gedreht. Beide reden offen über ihre prägende Mutter-Sohn-Beziehung, die schwierigen und die guten Zeiten während Moritz’ Kindheit im Problemviertel St. Georg in Hamburg, die eine harte Schule für ihn war. Daher weiß er genau, um was es geht, wenn er einen Gangstertypen zu spielen hat. Manche Regisseure scheinen ihn darauf festlegen zu wollen, auf die Rolle des fiesen oder tumben Typen aus dem Kiez, meist mit Migrationshintergrund. Von „Knocking on heavens door“
Sie ist eine der wenigen deutschen Sopranistinnen der Gegenwart, die eine unverwechselbare Stimme mit schauspielerischem Talent verbindet: Annette Dasch. Das macht sie zu einer Ausnahmeerscheinung auf den großen Opernbühnen in aller Welt – an der Metropolitan Opera in New York genauso wie bei den Bayreuther Festspielen. Doch fast wäre sie der Opernwelt verloren gegangen. Annette Dasch wäre vielleicht als Zimmermann auf der Walz gewesen und dann in irgendeinem Handwerksbetrieb gelandet. Oder wahrscheinlicher als Klarinettistin in einem städtischen Orchester. Berufswünsche, die von der Berlinerin in jungen Jahren tatsächlich in Betracht gezogen wurden. Denn Singen war viel zu selbstverständlich in der musikalischen Familie Dasch, um daraus ein Berufsziel zu machen. Bis sie von vielen Menschen auf ihre ungewöhnlich schöne Stimme angesprochen wurde und in den Chören fast alle Solostimmen bekam. So traf Annette Dasch die Entscheidung, die Klarinette beiseite zu legen und in München Gesang zu studieren. Im Jahr 2000, gewann sie gleich drei wichtige Gesangswettbewerbe hintereinander: den Maria-Callas-Wettbewerb in Barcelona, den Robert-Schumann-Liedwettbewerb in Zwickau und den Concours de Genève in Genf. Danach stand ihr die Welt offen: Montpellier, Antwerpen, Dresden, Berlin, Tokio, Stockholm, Brüssel, München, Paris und Mailand. Zu ihren wichtigsten Partien gehörten die Pamina (Zauberflöte), die Fiordiligi (Cosi fan tutte), die Antonia (Hoffmanns Erzählungen) und die Liu (Turandot). 2006 gab sie ihr Debut bei den Salzburger Festspielen, 2009 an der Met in New York als Gräfin in „Le Nozze di Figaro“, 2010 in Bayreuth als Elsa in der Neuenfels-Inszenierung des „Lohengrin“. Sie hat mit vielen bekannten Dirigenten gearbeitet: u.a. mit Daniel Barenboim, Sir Simon Rattle, Seiji Ozawa und Nicolaus Harnoncourt. Für Annette Dasch war es jedoch selbstverständlich, dass sie nicht nur ein Leben als gefeierte Operndiva wollte, sondern auch eine Familie
Er gehört als einziger Deutscher zu einer erlesenen Gruppe von Starfotografen, die mit ihren Inszenierungen Mode und Werbung weltweit prägen. Seine Bildergeschichten in kontrastreichem Schwarzweiß haben großen Wiedererkennungswert, jedoch nicht viele wissen, wer Peter Lindbergh ist. Sein Foto mit den Supermodels in weißen Hemden hat die „Vogue“ kürzlich zum besten Bild der 90er Jahre gekürt. „Deutschland, deine Künstler“ zeigt, was diesen Fotografen ausmacht, der sich in seinem Stil an expressionistischen deutschen Filmen der 20er und am Ausdruckstanz jener Zeit orientiert. Auf dem Fundament einer avantgardistische Ästhetik und in dem das Unprätentiöse des bodenständigen Menschen Lindbergh immer mit einfließt, entsteht etwas Neues, ein unverwechselbarer „verité approach“. Alles begann vor mehr als 40 Jahren – mit einer billigen, gebrauchten Kamera. Peter Brobeck, der sich Lindbergh nennen wird, beginnt als Schaufenster-Dekorateur bei Karstadt, fotografiert eines Tages die Kinder seines Bruders und entdeckt so seine Liebe zum Porträt. 1944 wurde er im heutigen Polen geboren und wuchs nach Flucht und Vertreibung im Ruhrgebiet auf, nahe den Rheinwiesen von Duisburg, die Industrieanlagen der Krupp-Stahlwerke im Blick. Seine ersten Bilder erschienen im Kultmagazin Twen, dann auch im Stern. Und plötzlich interessierten sich internationale Magazine wie Vogue, Harper?s Bazaar, Rolling Stone und Vanity Fair für den Blick des Deutschen, der einen Look in etwas Bedeutendes verwandeln kann. Der Film führt durch das Turboleben von Peter Lindbergh, zu Shootings in London und New York in die glitzernde Welt der Mode und der Werbung. Aus tausenden Shots wird Lindberg nach eingehender Sichtung nur wenige Aufnahmen auswählen. Auch da ist sein unbestechlicher Blick gefragt. Gero von Boehm begleitet ihn in sein Pariser Privathaus, wo Lindbergh seit Jahrzehnten lebt, und nach Duisburg zu den Landschaften seiner Heimat. „Ich möchte wirkliche Personen f
Grönemeyer-Songs sind oft Hymnen, ernsthaft und authentisch, und wurden zu Markenzeichen deutscher Musikkultur. Der Komponist, Rockpoet und Sänger hat mehr als 13 Millionen Platten verkauft und auch sein neues, 14. Album „Dauernd Jetzt“ belegte gleich Platz eins der Charts, wie fast alle seine Alben seit 30 Jahren. Seine Lieder – wechselnd zwischen leidenschaftlicher Lebensfreude und nachdenklicher Melancholie – sind generationsübergreifend Lebensbegleiter seiner Fans geworden. Der beliebteste deutsche Musiker wird am 12. April 2016 60 Jahre alt. Aus diesem Anlass beleuchtet die Dokumentation in der ARD-Reihe „Deutschland, deine Künstler“ das Leben des Superstars. Im Film gibt Herbert Grönemeyer Einblicke in sein Alltags- und Arbeitsleben in London und Berlin, seine Jugendtage in Bochum und seine Entwicklung als Komponist und Lyriker. In das aktuelle Porträt eingebettet sind intime Backstage-Situationen und bewegende Beobachtungen seiner Tourneeauftritte vor gigantischen Publikumskulissen. Der Film dokumentiert auch sein politisches Engagement, seine Arbeit als Schauspieler und seine Unterstützung junger Musiker mit seinem Plattenlabel „Grönland“, außerdem seine Arbeit als Komponist für Hollywood-Filme wie „The American“ und „The Most Wanted Man“. So entsteht ein vielschichtiges Porträt des feinsinnigen wie humorvollen Menschen und Musikers Herbert Grönemeyer.
Ob es die berühmte „Tatort“-Melodie ist, die Soundtracks zu „Das Boot“ und „Die unendliche Geschichte“ oder einige seiner mittlerweile 34 Alben: Klaus Doldingers Werk durchzieht die deutsche Kulturlandschaft wie kein zweites. Es ist nicht nur Deutschland, dem dieser Mann immer wieder neue Impulse schenkt. Klaus Doldinger ist der erste deutsche Jazzmusiker, der zu internationaler Anerkennung fand.
Er füllt die größten Hallen des Landes, die Einschaltquoten seiner Fernsehshows erreichen Spitzenwerte, seine letzten Bühnenprogramme haben mehr als eine Million Zuschauer gesehen. Bülent Ceylan ist unbestritten einer der erfolgreichsten Comedians in Deutschland. In seinen Shows baut er Songs und musikalische Elemente ein, seine Logos und Outfits zitieren Heavy-Metal-Vorbilder. Headbanging wurde sein Markenzeichen. Doch in Zeiten der aufkommenden Pegida-Bewegung entwickelte der zuvor scheinbar Politik-ferne Comedian eine deutlich vernehmbare Haltung. Er meldet sich zu Wort, berührt Themen, die in den letzten Monaten erheblich an Brisanz gewonnen haben. Der „Monnemer Türk“, wie er sich nennt, steht für eine Gesellschaft, die um den Begriff Integration ringt. Als Sohn einer katholischen Deutschen und eines muslimischen Türken ist er, aufgewachsen zwischen Kulturen und Religionen, Sinnbild gelungener Integration. Doch auch er definiert Grenzen: So macht er Witze über den Papst, aber Witze über Mohammed sind ihm zu gefährlich. 2016 tourt Bülent Ceylan mit seinem neuen Bühnenprogramm „Kronk“ durch die Republik. Auch dieses Mal wird er wieder ein Millionenpublikum erreichen. Ein halbes Jahr lang hat ihn der SWR-Autor Christian Stöffler mit seinem Team begleitet. Der Film zeigt Ceylan exklusiv backstage und auf der Bühne und bleibt hautnah an dem Künstler: Wie entsteht seine Comedy? Wie viel Mannheim steckt darin? Wie kommt Ceylan zu seinen Gags, die er mit seinen Autoren entwickelt? Neben noch nie veröffentlichten Familien-Aufnahmen lässt der Film auch wichtige Personen aus dem Leben von Bülent Ceylan zu Wort kommen: Mit dabei sind enge Kollegen wie Thomas Hermanns, Xavier Naidoo und der Mannheimer Comedy-Autor Roland Junghans, der den jungen Bülent Ceylan 1995 entdeckte, ihn förderte und noch heute die meisten seiner Figuren mit ihm zusammen entwickelt. Ceylans Mutter und seine Schwester zeigen die private Seite des großen Comedians. Der Fi
Frauen, die Katrin Sass spielt, vergisst man nicht so schnell. Obwohl es fast nie die starken Frauen sind, wenig aufregend und ohne den Schwung, unbedingt gefallen zu wollen. So wurde sie in der DDR zu einer der beliebtesten Schauspielerin und schließlich, fast schleichend, zu einem gesamtdeutschen Filmstar. Derzeit ist sie als Sängerin Dunja Hausmann in der preisgekrönten ARD-Familiensaga „Weissensee“ zu erleben. Die vierte Staffel wird gerade vorbereitet. Das Filmporträt in der Reihe „Deutschland deine Künstler“ begleitet Katrin Sass bei Dreharbeiten an der Ostsee und im kanadischen Halifax. Die Schauspielerin erzählt von den Höhen und Tiefen ihres Künstlerlebens, von ihrer Euphorie über das Ende der DDR und dem gleichzeitigen Verlust ihrer Popularität, von ihrer Alkoholkrankheit, die sie fast das Leben kostete, und dem Glück ihres Comebacks durch den Film „Good Bye Lenin“, der in vielen Ländern zu sehen war.
Er repräsentiert ein gewaltiges Stück Theatergeschichte. Claus Peymann hat ein halbes Jahrhundert inszeniert und tiefe Spuren in Deutschland hinterlassen. Zu seinem 80. Geburtstag tritt er als Theaterintendant ab, die Ära Peymann geht zu Ende. „Ich halte mich mittlerweile für einen Regisseur, dessen Inszenierungen zu den Besten gehören, selbst wenn sie misslingen“. Typisch Claus Peymann. Er wollte nie bescheiden sein, sondern mit Wucht auf Klassiker und zeitgenössische Stücke Lust machen, der „Reißzahn am Arsch der Mächtigen“ sein. Linke Mitbestimmungsmodelle liegen dem politischen Entertainer, der schon bald als Theaterzuchtmeister verschrien ist, von Anfang an nicht. Peymanns Theater funktioniert nur in Eigenregie. Die „Publikumsbeschimpfung“ von Peter Handke ist der radikale Auftakt seiner Karriere als Regisseur. In Zeiten des RAF-Terrors stellt Peymann am Stuttgarter Staatstheater in seinen Inszenierungen Bezüge zu Stammheim her. Als er 1974 zur Spende für eine Zahnbehandlung für Gudrun Ensslin aufruft, tritt er eine Debatte los und gilt fortan vielen als Sympathisant. Nur ausgerechnet der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel verweist auf die künstlerische Freiheit und unterstützt ihn. Doch Peymann, berühmter denn je, nutzt der Rausschmiss, er geht nach Bochum, wo er 1982 mit Kleists „Hermannschlacht“ Furore macht und landet am Wiener Burgtheater. Hier inszeniert Peymann mit seinen Uraufführungen weiterhin Theaterskandale und hält den Österreichern ihre Nazivergangenheit vor. Vom Berliner Ensemble nimmt er als Intendant nach 18 Jahren im Amt im Sommer 2017 Abschied. Der Film ergründet die Persönlichkeit und das Künstlerdasein von Claus Peymann in vielen, genauen Beobachtungen, in denen er einen restlos Besessenen porträtiert. Gero von Boehm begleitet ihn bei der Abschlussinszenierung seines Lieblingsstücks „Der Prinz von Homburg“ von Kleist. Das sehr deutsche Stück deckt sich mit Peymanns Lebensthemen Heldentu