1906 brach der deutsche Gelehrte Hugo Winckler zu einer Expedition nach Boghazköy in Anatolien auf. Jahrzehnte zuvor hatte ein französischer Archäologe 150 Kilometer östlich des heutigen Ankara eine Ruinenstätte mit mächtigen Mauern und majestätischen Löwentoren entdeckt. Doch niemand konnte die Trutzburg damals einem Herrschergeschlecht zuordnen. Nachdem 1893 Tontafeln von Boghazköy in die Hände europäischer Wissenschaftler gelangten, geriet der abgelegene Ort ins Visier der Forschung. Denn die uralten Dokumente waren zwar in lesbarer Keilschrift, jedoch in einer unverständlichen Sprache geschrieben. Ähnliche Exemplare tauchten auch in Syrien und Kleinasien auf, und alle benannten einen „König von Arzawa“. Der Name ließ die Experten aufhorchen, erschien er doch auch in den sogenannten Amarna-Briefen des ägyptischen Pharaos Echnaton. Schon 1905 hatte Winckler auf einer kurzen Erkundungstour in der verlassenen Festung 34 Tontafeln geborgen, vermochte sie aber nicht zu entschlüsseln. Doch diesmal gruben seine Arbeiter unzählige weitere Exemplare aus, die im bereits bekannten Akkadisch, der Diplomatensprache des Alten Orients, abgefasst waren. Dem Professor, der Keilschrift und Akkadisch flüssig las und verstand, fiel es wie Schuppen von den Augen: Er hatte die politische Korrespondenz der Hethiter vor sich. Als Highlight fand Winckler sogar eine Abschrift des ältesten beurkundeten Friedensvertrags der Weltgeschichte. Darin besiegeln der Hethiterkönig Hattusili und Pharao Ramses II. ewige Freundschaft zwischen dem Land Hatti und Ägypten. Eine wissenschaftliche Sensation und zugleich der Beweis: Boghazköy musste Hattusa sein, die Hauptstadt eines vergessenen Weltreichs. (Text: 3sat)