Mit Schutzbauten beginnt die Geschichte der europäischen Burgen im Frühmittelalter. Innerhalb weniger Jahrzehnte werden die Bollwerke zu Symbolen der Macht für das aufkommende Rittertum. Die ersten Burgen sind Holztürme auf befestigten Hügeln. Doch schnell entwickeln sich in Europa unterschiedliche Bauformen: in Frankreich und Britannien eher kompakt, im deutschsprachigen Raum mit hohen Bergfrieden. Aber überall nutzt man sie, um Regionen zu sichern.
Zu Beginn des Hochmittelalters sind Burgen Machtfaktoren. Unter den Staufern beginnt in Mitteleuropa ein Burgen-Boom. Aus dem Heiligen Land kommen neue Impulse für ihre Architektur. Die sichersten unter ihnen werden als Schatzkammern und Gefängnisse genutzt. Auf dem Trifels werden die Reichsinsignien des Heiligen Römischen Reiches verwahrt oder König Richard Löwenherz eingesperrt. Doch nicht nur Löwenherz erkennt: Keine Burg ist uneinnehmbar.
Schätzungsweise 13 000 Burgen gibt es im 14. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Deutschland. Konflikte werden nicht nur um Burgen, sondern immer häufiger auch in den Burgen ausgetragen. Oft entstehen Wohngemeinschaften, wie auf Burg Eltz. Die Erben teilen sich eine Burg, wodurch es nicht selten zu blutigen Streitigkeiten kommt. Von außen blasen Angreifer derweil mit einem breiten Repertoire an Taktiken und Waffen zum Sturm auf die Burgen.
Donnernde Feuerwaffen läuten zum Ende des Mittelalters den Niedergang der Burgen ein. Ihr Erbe treten neu entwickelte Festungen an, die für den Kampf mit den neuen Waffen optimiert sind. Burgbesitzer, die nicht dem Ruf in die Städte, den neuen Zentren des Lebens, folgen, versuchen, mit Investitionen die Burgen gegen Feuerwaffen zu wappnen. Doch nur die neue Festungsarchitektur bietet ausreichend Schutz.
Uneinnehmbare Festung, Heimstätte der Schönen und Reichen, machtstrotzender Prachtbau: Europa ist von Burgen übersät. Bis heute regen diese stummen Zeugen des Mittelalters die Fantasie an. Für den Menschen sind sie Portale in eine weit entfernte Welt und in eine Zeit, in der Burgen entscheidend waren für die Ränkespiele und Kriege der Mächtigen. Sie dienten der Abwehr von Angriffen, wurden belagert, bargen Schätze, hielten Gefangene fest. Mancherorts hat jedoch die Legende die Realität überlagert: Kerker, in denen nie ein Gefangener saß; Fluchttunnel, durch die niemand in die Freiheit floh; und Turniere, für die auf Burgen in Wahrheit gar kein Platz war. Schon die Menschen im Mittelalter arbeiteten gern am „Mythos Burg“. Dieser Mythos hat sich bis in die heutige Zeit erhalten. Dabei gibt es jenseits des Mythos erstaunliche Fakten über die mittelalterlichen Bauten zu entdecken. Wer weiß schon, dass Burgen lange Zeit aus Holz errichtet wurden? Dass Windsor Castle anfangs nur aus einem einzigen Turm bestand? Und dass eine der meistbesuchten deutschen Burgen noch heute in Familienbesitz ist? Weil die Quellenlage dünn ist, werden Erkenntnisse über den Burgenbau oft nur durch Experimente wie im französischen Guédelon gewonnen. „Heimat Burg“, der erste Teil der zweiteiligen Dokumentation, erzählt abwechslungsreich vom Leben und Alltag auf Burgen. Vom Bau mit seinen finanziellen und technischen Herausforderungen über die Heiztechnik in den alten Gemäuern bis hin zu den gesellschaftlichen Höhepunkten der Feste und Bankette, die vor allem im ausgehenden Mittelalter Glanz in die alten Gemäuer brachten. (Text: arte)
Uneinnehmbar sollten sie sein, diese Machtsymbole des Mittelalters. Burgen wurden genutzt, um einzelne Regionen, sogar ganze Reiche zu sichern. Im Frühmittelalter gab es noch kaum Belagerungsgerät, um die kolossalen Mauern zu durchbrechen. Dennoch fanden Angreifer Mittel und Wege, um eine Burg zu erobern: Wer den längeren Atem hatte, der sollte am Ende siegreich sein. Wie sorgten Burginsassen vor, um jahrelange Belagerungen zu überstehen? Wie effektiv waren Katapulte wie die berüchtigte Blide, die damals als ein „instrumentum diabolicum“, ein „Teufelswerkzeug“ bezeichnet wurde? Und welche Rolle spielte eigentlich die psychologische Kriegsführung beim Kampf um die Burg? Das Ende der Burgen als Bollwerke der Macht läutet der Kanonendonner der ersten Feuerwaffen ein. Eine Modernisierung wäre aufwendig und kostspielig gewesen – aber möglich. Nur wenige Burgherren wagten diesen Schritt. Die meisten verließen ihre Burg. In den Machtspielen der frühen Neuzeit hatten Burgen nur noch als Reminiszenz an eine vergangene Epoche Platz. Und dies ist bis heute so geblieben, auch wenn moderne Sicherheitsgebäude noch immer auf Elemente aus dem Burgenbau zurückgreifen. Der zweite Teil der Dokumentation, „Bollwerk Burg“, erzählt vom Aufstieg und Fall mächtiger Burgen. Von den Sicherungsbauten gegen die Ungarneinfälle im 9. und 10. Jahrhundert, über den staufischen Burgenboom im 13. Jahrhundert bis zum Bedeutungsverlust durch neue Waffentechnik und politische und gesellschaftliche Umbrüche im 15. und 16. Jahrhundert. (Text: arte)