Mehr als 70 Jahre lagen Farbfilmrollen teilweise unentdeckt auf Dachböden oder in Archiven. Die Regisseurinnen Despina Grammatikopulu und Michaela Wilhelm-Fischer haben die Familiengeschichten hinter den Privatfilmen erforscht. Aus vielen Stunden Filmmaterial ist ein Gesamtbild Bayerns entstanden, wie man es selten gesehen hat: Ein Blick wie durch ein Schlüsselloch auf den Familienalltag in der NS-Zeit. Ein Blick wie durch ein Schlüsselloch auf den Familienalltag in der NS-Zeit, zu 100 Prozent in Farbe, dokumentiert von den Regisseurinnen Despina Grammatikopulu und Michaela Wilhelm-Fischer. Wo beginnt es, das Böse? Alltägliche Szenen sind zu sehen: Eine Hochzeit, der Bräutigam in SS-Uniform, glückliche Gesichter, liebevoll gefilmt – nur einen Monat vor Kriegsausbruch. München am „Tag der Deutschen Kunst“, Hitlers Lieblingsstadt versinkt im schwarzweißroten Fahnenmeer. Begeisterte Menschen, verführt vom Gemeinschaftsgefühl. Die Politik ist allgegenwärtig: Vor der Madonnenfigur weht das Hakenkreuz. Auf dem Faschingsumzug in Nürnberg hängen Klischee-Juden aus Pappmaché am Galgen. Spielende Kinder im Dachauer Dorfidyll, wohlgenährt und beschützt. Und zur gleichen Zeit landen die Alliierten in der Normandie. Hinter der Kamera ein begeisterter Filmamateur und Bäckermeister, der die SS im nah gelegenen Konzentrationslager mit Brot beliefert. Die Unbeholfenheit und die Privatheit der Filmszenen schaffen eine fast unerträgliche Nähe. Jeder Einzelne ist ein Zahnrad im großen Ganzen. Und dann im Mai 1945: Amerikanische Soldaten filmen die Befreiung von Dachau: Das Unsagbare in Großaufnahme, der Zivilisationsbruch in Farbe. „Jahre der Verführung. Jahre des Untergangs“ – ein einzigartiges Dokument der Zeitgeschichte.