Die Romantik träumt sich in ein legendäres Mittelalter zurück. Die katholische Kirche mit ihren Bräuchen und sinnenfrohen Inszenierungen kommt wieder in Mode, zumindest bei Künstlern und Literaten. Sie trauert jedoch den verlorenen Privilegien nach und sieht im Streben der Völker nach Demokratie und nationaler Unabhängigkeit gefährliche Entwicklungen. Darwins Entdeckung der Evolution ist für viele Christen ein Schock. Der Mensch, das "Ebenbild Gottes", in gemeinsamer Ahnenreihe mit Einzellern und Schimpansen? Das ist schwer zu verkraften. Wissenschaft und Glaube erscheinen als unversöhnliche Gegensätze. Der Atheismus, früher eine gefährliche Verrücktheit am Rande - wird jetzt zur selbstverständlich lebbaren Alternative. - Säkulare Regierungen versuchen, die Kirche aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. In Preußen kommt es zu einem Kulturkampf, aus dem die katholische Kirche jedoch mit neuer Geschlossenheit und gewachsenem Ansehen hervorgeht. - Das unabhängige Italien beseitigt den Kirchenstaat. Schmollend vergräbt sich der Papst hinter den Mauern des Vatikans. - Die wirklichen Probleme der Zeit liegen woanders. Die Dampfmaschine löst eine industrielle Revolution aus. In den explosiv wachsenden Städten sammeln sich entwurzelte Menschen. Ihre Suche nach Lebenssinn bleibt lange ohne Antwort. Die Kirchen sind blind für das Elend der Arbeiterschaft. Marxismus und Sozialdemokratie bieten ideologischen Ersatz. Einzelne Christen übernehmen jedoch Verantwortung. Heinrich Wichern, Adolf Kolping oder Bischof Ketteler in Mainz kämpfen gegen die Not und für die Rechte der Arbeiter. Erst die Sozialenzyklika Leos XIII. versucht einen großen Entwurf für die Neuordnung der Gesellschaft. Die europäischen Kolonialmächte gebärden sich als Heilsbringer der Welt und versuchen, sich gegenseitig zu verdrängen. Am Horizont steigen düstere Wolken auf.
Name | Type | Role | |
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Thomas Riedelsheimer | Writer | ||
Thomas Wartmann | Director |