Vor 100 Jahren wurde über den guten Ton noch nicht diskutiert, er wurde praktiziert – zumindest in den besseren Kreisen. Wer sich nicht daran hielt, wurde gesellschaftlich nicht akzeptiert, galt als „mit der Kanonenkugel durch die Kinderstube geschossen“. Junge Damen gingen keinesfalls ohne „Anstands-Wau-Wau“ auf die Straße und schon gar nicht allein ins Café. Keine Frau konnte sich mit einem Mann unterhalten, dem sie nicht vorher vorgestellt wurde. Ein Erfolg von Studentenrevolution und Frauenbewegung: das „Fräulein“ wurde – amtlich gesehen – abgeschafft. Seit den 80ern schließlich erleben Kurse in Sachen „Etikette“ einen neuen Boom. Viele wollen sich im Kampf auf der Karriereleiter besser „verkaufen“ – und das geht nur mit korrektem Auftreten. Aus dem ewigen Gesellschaftsspiel „Benimm“ ist also wieder Ernst geworden.