Die längste Busreise Südamerikas dauert insgesamt 60 Stunden und führt über eine Strecke von 3.785 Kilometern quer durch den lateinamerikanischen Subkontinent. Sie verbindet die chilenische Hauptstadt mit den Anden, der argentinischen Pampa, dem goldenen Hügelland und schließlich mit der tropischen Atlantikküste Brasiliens und der Wirtschaftsmetropole São Paulo. Chiles Hauptstadt Santiago ist eher untypisch für eine lateinamerikanische Großstadt, ruhig und zivilisiert geht es hier zu, kein chaotisches Durcheinander. Trotz des Wirtschaftswachstums zieht es noch immer viele Chilenen auf Jobsuche nach Brasilien. Zweimal in der Woche fährt die Buslinie 111 von der chilenischen Hauptstadt in die brasilianische Metropole. Der Steward Ricardo Andes ist 34, er macht den Job schon ein paar Jahre und ist es mittlerweile daran gewöhnt, selten bei seiner Familie zu sein. Die Sehenswürdigkeiten der Strecke sind für ihn längst alltäglich, für viele der Passagiere auch. Berufspendler nehmen trotz der langen Fahrzeit oft den Bus, er ist billiger als das Flugzeug. Für Marcela Salinas ist das alles neu. Sie ist 27 und Schauspielerin ohne Arbeit. Deswegen hat sie beschlossen, in Sao Paulo einen Portugiesisch-Sprachkurs zu machen, um danach vielleicht Chancen auf einen Job zu bekommen. Sie hat ihr Heimatland bis jetzt noch nie verlassen und ist von den Veränderungen in der Landschaft und von den Sehenswürdigkeiten auf der Strecke angetan. Über die schneebedeckten Anden, durch argentinisches Weinland und die von Cowboys geprägte Pampa führt die Busfahrt durch halb Brasilien, bis zum Atlantischen Ozean und dem Surferparadies Florianópolis. Danach geht es weiter zu der von Deutschen gegründeten Stadt Blumenau und schließlich, nach 3.785 Kilometern, São Paulo. Für Marcela beginnt hier vielleicht ein neues Leben. Ricardo freut sich auf die Rückfahrt. Nur noch 60 Stunden, dann kann er wieder eine Nacht in seinem eigenen Bett schlafen.