In einer Zeit, da Schamhaftigkeit dem religiösen Bereich vorbehalten scheint, ist ein Loblied auf diese „Tugend“ geradezu paradox. Wird Schamhaftigkeit zur Norm, dann verliert sie ihre Bedeutung. Studiogast Eric Fiat erklärt, dass das Schamgefühl eine spontane Reaktion ist, bei welcher sozusagen der Geist vor dem Körper errötet. Doch was unterscheidet sie von der Beschämung, also der Verleugnung des eigenen Körpers und Wesens angesichts der Blicke Dritter? Warum ist es gut, sich nicht zu schämen, und schlecht, nicht schamhaft zu sein? Und wenn Schamhaftigkeit tatsächlich eine Tugend ist warum sollte man die Verhüllung des Körpers dann nicht konsequent vorschreiben? Zu Gast sind der Philosoph Eric Fiat und Yves Leclerc, stellvertretender Vorsitzender des Französischen Verbands für Freikörperkultur (Fédération française de naturisme). Eric Fiat ist Universitätsprofessor und Experte auf dem Gebiet der angewandten Ethik, vor allem in den Bereichen Medizin und Krankenpflege. Er leitet den Masterstudiengang Ethik an der Universität Paris-Est Marne-la-Vallée, ist Mitglied des Observatoire National de la Fin de Vie und der Ethikkommission der französischen Gesellschaft für Hämatologie. Kürzlich erschienen: mit Adèle Van Reeth, „La pudeur“ (Plon, 2016). (Text: arte)